Der Sarganser Volkskundler Dr. Werner Manz beschrieb 1923 eine Federzeichnung der idyllischen Waldkapelle: «Das im Gonzenwald am Erzweg gelegene Erzbild, die Kapelle zu den vierzehn Nothelfern, bei welchen die Erzknappen Fürbitte erflehten, auch als Wallfahrtskapelle das Ziel derer, die in ihren Nöten und Leiden bei den 14 Nothelfern Hilfe und Trost suchen, und wohin Mädchen und Frauen, die Familienglück und Kindersegen ersehnen, einen Bittgang unternehmen.» Fast alle der vierzehn Nothelfer haben gleich mehrere «Mandate» als Schutzpatrone verschiedenster Berufsgruppen und als himmlische Ansprechpersonen für Sorgen, Nöte und Krankheiten aller Art.
Dem Himmel näher
Manche fühlen sich in dieser stillen Abgeschiedenheit im Wald hoch über dem Tal dem Himmel näher als in der Kirche. Auch aus anderen Quellen geht hervor, dass im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert vor allem Frauen und Mädchen diesen Kraftort aufsuchten. Vielleicht haben sie sich mit ihren Anliegen an die Nothelferin Margaretha gewandt, die der Überlieferung nach bei Unfruchtbarkeit helfen konnte und als Schutzpatronin für «Ammen, Ehefrauen und Gebärende» galt. Im Laufe der Zeit hat das Erzbild nichts an der Faszination eines viel besuchten ungewöhnlichen Kraftortes eingebüsst, auch wenn in den still vorgetragenen Anliegen wohl nicht mehr der Kinderwunsch an vorderster Stelle steht.
Kleine Baugeschichte
Nebst Hinweisen in «1100 Jahre Pfarrei Sargans» (1950, Franz Perret) und anderen Schriften findet man in der Broschüre «Katholische Gebetsstätten in Sargans» (2002) des Kunsthistorikers Johannes Huber die ausführlichste Beschreibung des Erzbilds aufgrund wissenschaftlicher Forschung und Fakten. Erstmals aktenkundig ist das Erzbild im Visitationsbericht von 1639. Visitation bedeutet eine periodische bischöfliche Bestandesaufnahme aller Kirchen, Kapellen und sonstigen Gebetsstätten einer Pfarrei samt Kommentaren zum jeweiligen Zustand. Der Bildstock muss somit schon vor 1639 bestanden haben. Die Rede ist von einem von den Erzknappen errichteten Bildstock «im Schlipf» weiter oben als am heutigen Standort. Die kleine Gebetsstätte wurde 1784 durch einen Steinschlag zerstört. Es scheint, dass um 1812 am heutigen Standort der Kapelle, vermutlich wieder durch die Erzknappen, ein neuer Bildstock mit einem Bild der 14 Nothelfer erstellt wurde; 1854 entstand ein «kleines, offenes Bethäuschen», vermutlich bereits in den Dimensionen der heutigen Kapelle. Wann genau der geschlossene Raum mit Türe und zwei Fenstern mit Stichbogen entstand, ist nicht dokumentiert. Der Einfluss der Neugotik weist auf die Zeit nach etwa 1870 hin.
Das Erzbild in neuerer Zeit
Eine grundlegende Erneuerung geschah 1953, als die Kapelle einen Dachreiter mit einer Glocke sowie ein Vordach über dem Portal erhielt; 1960 wurden die zum Teil verrosteten 14 Kreuzwegstationen aus dem Jahr 1889 durch solche von Willi Buck, Wil, ersetzt. 1982 und 2001/02 wurden zum Teil in Fronarbeit ein neuer Fussboden eingelegt und das Farbkleid vollständig erneuert. Vor Jahren hat die KAB Sargans, auch in Fronarbeit, die gefällige Sitzgruppe im Umfeld der Kapelle geschaffen und später erneuert. Aktuell veranlasste die Katholische Kirchgemeinde Sargans die dringende und zum Teil bereits ausgeführte Sanierung aufgetretener Gebäudeschäden. Im Frühjahr 2022 werden alle Arbeiten ihren Abschluss finden. Ein Kränzchen zu winden ist dem Kapellmesmer Adrian John, der dieses, von seiner Mutter Frieda John-Hidber jahrelang mit grossem Engagement ausgeübte Amt, im gleichen Sinne weiter betreut.
Weihnachten naht
Einer grossen Beliebtheit erfreut sich der noch von Pfarrer Felix Büchi eingeführte Rorategottesdienst am frühen Morgen des 24. Dezember im Erzbild (auch in diesem Jahr vorgesehen) mit einer ganz besonderen Einstimmung im noch dunklen Gonzenwald auf das Weihnachtsfest.