mit Bruno Good
sprach Nadine Bantli
Es geht bei der Abstimmung zum Medienförderungsgesetz um nicht weniger als 180 Millionen Franken, mit denen eben die Schweizer Presse unterstützt werden soll. Grob gesagt fliesst das Geld in die Onlinemedien, den Zuschuss zu den Posttaxen bei Tages-, Wochen- und Verbandszeitungen, die Frühzustellung sowie die Infrastruktur, also Nachrichtenagenturen, Journalistenschulen oder auch den Presserat. Und betrifft nicht zuletzt auch den «Sarganserländer» respektive die Sarganserländer Druck AG. Die unabhängigen Lokalzeitungen sind denn auch die leidenschaftlichsten Befürworter des neuen Gesetzes. Eigentlich. Im Interview erklärt Bruno Good, Verwaltungsratspräsident der «Drucki», weshalb dieser dem Mediengesetz kritisch gegenübersteht.
Herr Good, in den letzten 18 Jahren sind schweizweit mehr als 70 Zeitungen verschwunden.
Bruno Good: Und wir sind immer noch hier.
Glücklicherweise. Aber weshalb?
Der «Sarganserländer» pflegt einen Qualitätsjournalismus, der sehr regional geprägt ist. Das ist unsere DNA und gleichzeitig auch das, was unsere Leserschaft will: der Turnverein mit seinem «Chrinzli» hier, der Judoklub mit seinem Vereinsjubiläum dort oder die Trachtengruppe mit ihrem Heimatabend da. Dass die Zeitung so lokal und so vielfältig ist, macht sie so interessant. Und genau das ist meiner Meinung nach unser Erfolgsrezept.
Was haben denn andere lokale Medien, die heute nicht mehr existieren, falsch gemacht?
Ohne es genau zu wissen, würde ich behaupten, dass es diese Medien verpasst haben, sich zum richtigen Zeitpunkt den Spiegel vorzusetzen und sich zu fragen: Sind wir richtig organisiert, um bestehen zu können? Haben wir die richtige Grösse? Können wir etwas auslagern, statt es selber zu produzieren? Ist es möglich, Kooperationen einzugehen, ohne die Eigenständigkeit zu verlieren?
Ist nicht vielleicht auch die Digitalisierung schuld daran, dass Printzeitungen eingehen?
Das ist eine schwierige Frage. Ich glaube zum jetzigen Zeitpunkt nicht daran, denn gerade die älteren Generationen wollen noch immer Papier. Und was die jüngere Leserschaft betrifft: Wir müssen das richtige Geschäftsmodell für sie finden. Dass die Printzeitungen zurückgehen, können wir nicht aufhalten. Aber wir können versuchen, den Rückgang beispielsweise mit dynamischen Onlineangeboten zu kompensieren.
Sie sprechen in der Zukunft. Heisst das, dass der «Sarganserländer», also die Printzeitung, noch rentiert?
Wenn Sie mich nüchtern fragen: Im Moment rentiert der «Sarganserländer» noch. Zum Glück. Das liegt sicherlich auch an unserer sehr schlanken Struktur, und wenn wir das Kostenbewusstsein weiterhin behalten, dann bringen wir auch eine Printzeitung hin, die rentiert. Bislang ist uns das nämlich gelungen, und wir setzen alles daran, dass es uns auch weiterhin gelingt. Hier komme ich gerne nochmals auf unsere DNA zurück – den ersten Bund, das Herzstück des «Sarganserländers». Täglich wird daran gearbeitet, einen qualitativen Inhalt zu produzieren, der alle Facetten abdeckt und verschiedene Anspruchsgruppen zufriedenstellt. Bestimmt gibt es auch in unserer Leserschaft Personen, die grosse Tages-zeitungen lesen, aber dann doch den «Sarganserländer» in die Hand nehmen und sagen: «So, und nun möchte ich noch wissen, was direkt vor meiner Haustüre passiert.» Deshalb gibt es uns noch, auch wenn 2020 und 2021 natürlich keine Topjahre waren. Wir sind aber finanziell kerngesund, haben weiterhin keinen Franken Schulden und können mit der gegenwärtigen Belegschaft auf dem Markt bestehen.
Sie sprechen die beiden Pandemiejahre an, in denen die meisten
Medien massive Einbrüche bei den Werbeeinnahmen zu verzeichnen hatten. Wie steht es diesbezüglich um den «Sarganserländer»?
Es geht uns ähnlich, müssen wir doch einen relativ «happigen» Einbruch von rund 20 Prozent verbuchen. So viel weniger Werbeeinnahmen bedeuten weniger Möglichkeiten, zu investieren. Die letzten beiden Jahre waren schwierig, trotzdem haben wir sie bestmöglich gemeistert, indem wir die Kosten unter anderem mit Kurzarbeitsentschädigung oder Postverbilligung etwas entlastet haben. Diese Massnahmen fallen mit der Zeit zwar weg, aber ich hoffe, dass dann auch langsam wieder Anlässe durchgeführt und Werbung geschaltet wird. Und wenn die Unternehmen neue Wege gehen, um auf sich aufmerksam zu machen, kann das wiederum auch eine Chance sein für unsere Websites. Mit sarganserlaender.ch und sardona24.ch haben wir nämlich zwei Plattformen, über die wir sehr gut einen Teil der Werbeeinnahmen, die vielleicht auch zukünftig über gedruckte Werbung in der Zeitung verloren gehen, teilweise wieder kompensieren können.
Da können wir nun gleich den Bogen zum Medienförderungsgesetz schlagen: 30 Millionen Franken würden bei einer Annahme jährlich zu den Onlinemedien fliessen.
Von dieser Onlineförderung würden wir sicherlich auch einen Anteil er-halten. Nebst dem normalen Abon-nement bieten wir auch bereits ein -Onlineabonnement an und versuchen allgemein, den Onlinebereich auszubauen und zu stärken. Das ist eine wichtige Aufgabe, die wir aktuell zu lösen haben und für die wir uns weiterentwickeln müssen. Aber ich bin überzeugt davon, dass wir diesen Strukturwandel stemmen. Mit oder ohne Medienförderungsgesetz.
Mit oder ohne Medienförderungsgesetz – heisst das, für den Verwaltungsrat der «Drucki» ist es irrelevant, wie die Abstimmung ausgeht?
Wir lehnen die Vorlage mehrheitlich ab, weil wir das Gefühl haben, dass das Mediengesetz – in der Form, wie es heute vorliegt – «weder Fisch noch Vogel» ist. Heisst: Es ist nicht ausgewogen. Einfach den Topf ausdehnen, noch grösser machen, damit auch die «Kleinen» etwas bekommen – das kann nicht die Lösung sein. Denn obwohl das Gesetz wohl den kleinen Verlagen hilft, nützt es mehrheitlich doch den grossen.
Aber sind denn nicht die kleinen, unabhängigen Lokalzeitungen – wie sie der «Sarganserländer» eine ist – das beste Argument für das Mediengesetz?
Nein. Beziehen wir das nicht nur auf uns und schauen wir einmal das grosse Ganze an. Ich persönlich habe nämlich ein wenig Angst davor, dass man mit Steuergeldern gewisse Strukturen erhält, obwohl es vielleicht Zeit wäre, über andere Modelle nachzudenken. Das ist für mich der springende Punkt: dass eine Strukturbereinigung nicht geschieht, nur weil Geld vom Bund fliesst, das einigen Verlagen das Überleben sichert. Aber eben – uns würde das nicht betreffen. Wir überleben, weil wir gut strukturiert und finanziell gesund sind und alles daransetzen, finanziell gesund zu bleiben.
Das Geld würden Sie dann aber trotzdem nehmen?
Wenn tatsächlich Geld fliesst, nehmen wir das gerne und werden es gezielt für Onlineangebote einsetzen. Aber wir kämpfen nicht für die Annahme des Mediengesetzes, denn wenn wir so dringend auf diese Gelder angewiesen wären, dann hätte der Verwaltungsrat seinen Job nicht gut gemacht und das Unternehmen wohl schon seit längerer Zeit ein Problem. Wir müssen heute so aufgestellt sein, dass wir auch morgen noch ohne zusätzliche Unterstützung unabhängig sein können.
Von wie viel Geld sprechen wir denn überhaupt?
Die möglichen «Subventionen» bewegen sich in der Höhe von 100 000 Franken, die vor allem aus dem Topf für die Onlinemedien kommen.