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21.02.2022

Ein Leben für die Zeitung

Franz Davatz beschreibt im Gespräch mit dem P&H,  wie früher eine Zeitung gedruckt wurde.
Franz Davatz beschreibt im Gespräch mit dem P&H, wie früher eine Zeitung gedruckt wurde. Bild: Ladina Steinmann
Mitte letzter Woche durfte Franz Davatz seinen wohlverdienten Ruhestand antreten. Vorher war er 37 Jahre für die Druckerei Schiers, zehn Jahre für die Druckerei Landquart und zwei Jahre für die Sarganserländer Druck AG in Mels als Allrounder tätig oder mit anderen Worten gesagt: Franz war immer dort anzutreffen, wo die Zeitung gedruckt wurde. Wir blicken mit ihm zurück.

Franz Davatz hat im Alter von 16 Jahre bei der Druckerei in Schiers zu arbeiten begonnen. Das war am 1. September 1973. Er erzählt, wie er bevor es für ihn dort los ging, den ganzen Sommer hindurch der Nachbarschaft beim Heuen geholfen hat. Franz Davatz ist in Fanas aufgewachsen. Seine Eltern Margerite und Hans Davatz-Aeby haben die Pension «Grischuna» am Wingertweg in Fanas geführt. Daneben hatten sie eine Wiese, deren Heu sie laut Franz jeweils verkauften, einen Stall und Hühner. Er ist mit zwei jüngeren Schwestern aufgewachsen: Theres und Denise. Theres arbeite heute als Briefträgerin und Denise sei auf der Raiffeisenbank Prättigau-Davos in Schiers angestellt, erzählt mir Franz bei seinem Besuch auf der Redaktion in Schiers.

Ein mulmiges Gefühl

Wir sitzen in dem Raum, in dem bis 2010 die Zeitung gedruckt und zum Versand bereitgestellt wurde. Franz weiss immer noch genau, wo jede einzelne Maschine gestanden war, wie jede einzelne bedient werden musste und welche Tücken sie hatten. «Als mein Vater mir sagte, dass es in der Druckerei Schiers eine Arbeit für mich gebe, hatte ich schon ein wenig ein mulmiges Gefühl», erinnert sich Franz, der neun Jahre lang die Schule in Fanas besucht hat. An seinem ersten Arbeitstag sei er mit dem Postauto nach Grüsch gefahren und von dort mit dem Zug weiter nach Schiers. «Damals gab es noch keinen Weg von Fanas nach Schiers», erklärt er mir. «Als ich noch jung war, bin ich auch ab und zu von Zuhause aus zu Fuss nach Schiers hinunter gegangen.»

Ein Allrounder

Auf die Frage, ob es eine Lehre war, die er bei der Druckerei Schiers gemacht hat, antwortet Franz: «Nein, ich habe überall mitgearbeitet, wo es mich gebraucht hat.» Er sei, wie wir heute sagen, als Allrounder angestellt gewesen. Hauptsächlich habe er aber dabei mitgeholfen, die Zeitung zu drucken. Unterstellt sei er Joos Thöny gewesen. Die Zeitung sei zu der Zeit noch mit Bleisatz hergestellt worden. «Nachdem die Zeitung gedruckt worden war, war ich allein dafür zuständig, in der Giesserei, die sich auf der Rückseite der Druckerei befand, die Bleizeilen einzuschmelzen und daraus wieder Bleistangen zu giessen. Daraus wurden dann in der Setzerei für den Druck einer neuen Zeitung wieder neue Bleizeilen gemacht», führt Franz aus. Einmal habe er nach dem Giessen der Bleistangen den Verschluss nicht richtig zu gemacht, kommt ihm beim Erzählen in den Sinn. Als er dann am Morgen in die Giesserei gekommen sei, habe er einen Bleiklotz vorgefunden, der sich über die Nacht Tropfen für Tropfen gebildet habe. «Uns blieb nur eins übrig: Der Klotz musste fortgehämmert und erneut eingeschmolzen werden», sagt Franz ganz verschmitzt.

Ein Flair für Zahlen

Neben der Zeitung hat Franz unter anderem auch in der Buchbinderei im Untergeschoss mitgeholfen, Blöcke gebunden und das nicht mehr gebrauchte Papier zu Ballen gepresst und diese mit dem Geschäftsauto in den Werkhof gefahren und entsorgt. Das Autofahren habe ihm in jungen Jahren sein guter Freund Hans Gerber gezeigt, schweift er kurz ab und man merkt, welch grosse Bedeutung dies für ihn heute noch hat.

Ebenfalls ist aus dem Gespräch mit ihm herauszuhören, dass er beim Arbeiten sehr viel Wert auf Ordnung legt. «Ich habe für jede meiner Arbeiten immer ein System entwickelt, nach dem ich Schritt für Schritt vorgegangen bin», sagt Franz bestimmt. Dass es dabei auch manchmal zu Diskussionen mit anderen Mitarbeitern gekommen sei, die sein System einfach nicht verstanden hätten, gibt er unumwunden zu. «Viel Freude hat mir das Binden von durchnummerierten Blöcken gemacht, das mit den Zahlen hatte ich einfach im Griff», wechselt er das Thema. «Darin war ich ‹sauguat›.»

  • Das Team der Druckerei Schiers anlässlich deren 75-jährigem Bestehen im Jahr 1976. Franz Davatz (vordere Reihe Mitte) arbeitete bereits seit drei Jahren bei der Druckerei. Damals war Franz noch Joos Thöny (hintere Reihe 2. v. r.) unterstellt. Ende der 1970er-Jahre war dann Konrad «Koni» Wilhelm (hintere Reihe 1. v. r.) sein Vorgesetzter. Bild: zVg
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  • Franz Davatz 1998 anlässlich seinen 25-Jahr-Arbeitsjubiläum bei der Druckerei Schiers. Bild: Artikel: P&H
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Eine neue Welt

Ende der 1970er-Jahre verstarb Joos Thöny und Konrad «Koni» Wilhelm wurde der neue Chef von Franz. 1982 stellte die Druckerei Schiers von Bleisatz auf Fotosatz um. «Zuerst haben wir alles in Schwarzweiss gedruckt und nach ein paar Jahren auf Anregung eines Redaktors Farbdruck eingeführt», resümiert der heute 65-Jährige, der seit seinem Einstieg in die Berufswelt immer selber für seinen Lebensunterhalt gesorgt hat. 1998 durfte Franz Davatz sein 25-Jahre-Arbeitsjubiläum bei der Druckerei Schiers feiern. «Zu diesem Jubiläum hat mir mein Chef Koni eine Honda CB 500 geschenkt», freut sich der passionierte Motorradfahrer. Es scheint, als hätte sich für Franz durch das eine ganz neue Welt aufgetan. Mit einem strahlenden Gesicht berichtet er von Reisen nach Deutschland und in die Slowakei, oder wie er noch vor ein paar Jahren mehrmals an die Weltausstellung Expo 2015 nach Mailand gefahren ist.

Eine Stelle auf Lebzeit

2010 wurde Koni Wilhelm pensioniert, die Druckerei Schiers wurde von der Druckerei Landquart übernommen und Thomas Ambühl, heutiger Geschäftsführer der Sarganserländer Druck AG, wurde der neue Vorgesetzte von Franz Davatz. Wie für Wilhelm einst war auch für den Verwaltungsrat der Druckerei Landquart klar, dass Franz bis zu seiner Pensionierung eine Arbeitsstelle bei der Druckerei Schiers beziehungsweise neu bei der Druckerei Landquart haben wird. Da ab diesem Zeitpunkt die Zeitung in Landquart gedruckt wurde, bedeutete dies für Franz, dass er seinen Arbeitsplatz neu ebenfalls dort hatte. «In Landquart habe ich in der Spedition und Ausrüsterei gearbeitet, und dort die gleichen Arbeiten erledigt wie zuvor in Schiers», sagt Franz und ergänzt: «Nur einfach in grösseren Auflagen.»

Im Januar 2009 fusionierten die beiden Druckereien Standort Landquart und Standort Schiers zur Druckerei Landquart AG. Ab 2020 wurde die Zeitung in Mels beim «Sarganserländer» gedruckt. Und wieder folgte Franz der Zeitung und arbeitete die letzten beiden Jahre als Hilfsarbeiter in der Spedition in Mels.

Seit dem 1. Februar 2022 darf er nun seinen wohlverdienten Ruhestand geniessen. «Zurzeit fühlt es sich noch wie Ferien an», erzählt der frisch gebackene Pensionär, der neben dem Töfffahren auch leidenschaftlich gern mit dem Zug durch die Schweiz reist. In den letzten Jahren hat es ihn immer wieder in die Westschweiz gezogen. Genf hat es ihm besonders angetan, vielleicht auch, weil seine heute 92-jährige Mutter Margerite, mit der er auch heute noch in Fanas zusammen wohnt, in der Westschweiz aufgewachsen ist.

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Ladina Steinmann