Die Edelkastanie war wohl bereits vor dem Jahr 800 in unserem Kanton beheimatet. Als das Kloster St. Gallen gebaut wurde, waren Kastanienbäume schon im Bauplan vorgesehen. Damals galten Kastanien gar als Zahlungsmittel. Dokumente belegen, dass den Klöstern Kastanienfrüchte als Zehnten abgeliefert werden mussten. Wahrscheinlich kam die Kastanie aber schon um das 1. Jahrhundert nach Christus über die Alpen.
Es gibt Hinweise, dass seit der Zeit Karls des Grossen die Kastanie auch in Deutschland weitverbreitet war, insbesondere in Weinbaugebieten. Von der Alpennordseite her gelangte sie über die oberrheinische Tiefebene dem Rhein entlang bis nach Holland; sogar in Südengland sind heute noch Edelkastanienwälder anzutreffen.
Nahrungsmittel und Tierfutter
Im Mittelalter sollen die Maronen, wie man die Früchte der Edelkastanie (Castanea sativa) verschiedenenorts auch bezeichnet, in der Schweiz in Massen vorgekommen sein. Viele Orts- oder Flurnamen deuten darauf hin. Zum Beispiel: Kastanienbaum, Kestenholz, Chestenewald, La Chataîgne. Kastanien galten – bevor die Kartoffel aus Zentralamerika zu uns gelangte – als unentbehrliches Hauptnahrungsmittel. Sie wurden vor allem wegen ihres mannigfaltigen Nutzens kultiviert. Die Früchte wurden gekocht, geröstet und als Mehl in Brot und Brei verwendet. Getrocknet sind die Kastanien etwa zwei Jahre haltbar, ebenso das Mehl, sodass mit diesem Grundnahrungsmittel auch Notvorräte angelegt werden konnten.
Die Kastanie diente früher aber auch der Schweinemast. Speck und Schinken sollen hervorragend schmecken, wenn Schweinen Kastanien verfüttert werden. Heute noch gibt es rund um Carrara (Italien) diesen Schinken mit seinem einzigartigen Geschmack als Delikatesse. Die Kastanienblätter wurden seinerzeit den Ziegen verfüttert und das Laub verwendete man im Stall als Streu.
Resistent gegen Fäulnis
Die stockausschlagfähige Edelkastanie war prädestiniert für die Bewirtschaftung im Niederwald. Das Holz wurde seinerzeit für Rebstickel und Pfähle sowie zur Herstellung von Weinfässern verwendet.
Das witterungsbeständige Holz wird heutzutage wieder vermehrt geschätzt. Zum Beispiel für den Aussenbereich. Es wird auch heute noch für Schindeln, Fensterrahmen, Gartenmöbel und den technischen Hangverbau (Lawinenverbauungen) sowie für Geräte auf Kinderspielplätzen eingesetzt, da es nicht imprägniert werden muss. Einst war die Kastanie auch eine begehrte Tanninquelle für die Gerberei, bis dann in den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts die Tannine durch chemische Gerbmittel abgelöst wurden.