Bäume und Hügel verschwimmen zu einem satten Grün, Felder mit Kühen ziehen vorbei, das leichte Wippen des Sitzes verleitet zu Tagträumen, die Augenlider zucken, der Kopf lehnt an der kalten Scheibe. Dann ein Ruck. Notbremse. Stillstand. Ruhe im Zugabteil. Fragende Blicke zwischen Fremden. «Ausserordentlicher Halt wegen Personen auf den Gleisen», ertönt es nach einer gefühlten Ewigkeit aus den Lautsprechern. In den allermeisten Fällen heisst das Suizid oder Suizidversuch.
Im Jahr 2021 registrierte die Kantonspolizei St.Gallen 157 Selbsttötungen und 66 Versuche. 2020 nahmen sich 107 Menschen das Leben – damit wächst die Suizidrate im Kanton St.Gallen innert eines Jahres um 47 Prozent und ist die höchste Zahl, die in den letzten fünf Jahren registriert wurde. Zum Vergleich: In Zürich gab es eine Abnahme von drei Prozent, im Thurgau wurden vier Prozent weniger verzeichnet, in Appenzell Ausserrhoden gab es eine Zunahme von zehn Prozent.