
Wenn zwei Lehrlinge baden gehen


Es gibt wohl schlimmere Zeiten als eine Hitzewelle im Juli, in welchen die Absolventin oder der Absolvent einer Gutenberg’schen Ausbildung wie des Polygrafen oder der Drucktechnologin jederzeit damit rechnen muss, gegautscht zu werden. Gautschen ist ein alter Buchdruckerbrauch, bei dem der oder die Lernende nach bestandener Abschlussprüfung im Rahmen einer Freisprechungszeremonie im Beisein des Lehrbetriebs auf einen nassen Schwamm gesetzt und in einem Brunnen untergetaucht wird. Während des Gautschens hält der Gautschmeister eine launige Ansprache an die frischgebackenen Jünger Gutenbergs.

Ein Schwamm, zwei Opfer
In diesem Jahr brachte die SL Druck + Media AG mit Elena Gansner und Hannes Juon gleich zwei Absolventen zur Taufe. Gansner hat während der vergangenen vier Jahre die Ausbildung zur Drucktechnologin am Standort Mels absolviert, Juon darf sich nach vier Jahren Lehrzeit in der Druckerei Landquart heute Polygraf nennen. Beide Berufsgattungen stammen vom Handwerk des Buchdruckers ab, dessen Ursprung auf den Erfinder des modernen Buchdrucks mit beweglichen Metalllettern und der Druckerpresse zurückreicht: Johannes Gensfleisch, genannt Gutenberg (1400–1468). Während Gansner und Juon die Rolle der Gegautschten übernahmen, kam dem Drucktechnologen Bernhard Gätzi die Funktion des Gautschmeisters zu. Er war es denn auch, der das Ritual mit persönlich auf die beiden zu Gautschenden abgestimmten Reimen bereicherte und der Zeremonie mit folgenden Worten den Takt vorgab: «Packt an! Lasst seinen Corpus Posteriorum fallen auf diesen nassen Schwamm, bis triefen beide Ballen! Der durst’gen Seele gebt ein Sturzbad oben drauf, das ist dem Jünger Gutenbergs die beste Tauf!» Für die beiden frisch getauften Jünger Gutenbergs war das kühle Nass eine sichtlich willkommene Abwechslung zu den meist hohen Temperaturen eines Drucksaals und den aktuellen Bürotemperaturen. Zwar haben sich Gansner und Juon nach Leibeskräften gewehrt, wie es der Brauch verlangt. Die nach dem vollzogenen Ritual entgegengebrachten Glückwünsche von Mitarbeitenden des Unternehmens, Verwandten und Bekannten stimmten aber wieder versöhnlich. Das anschliessende Anstossen mit den frischgebackenen Jüngern Gutenbergs rundete den traditionellen Event ab.
