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Bad Ragaz
12.01.2023
12.01.2023 18:40 Uhr

Ohne Tübli «ist ein Stück Gemeindeidentität amputiert»

Bild: Fotomontage Redaktion
Der Aufschrei in Bad Ragaz ist gross, nachdem der Gemeinderat auf Anfang Jahr hin beschlossen hat, eine neue Wortmarke «Bad Ragaz» einzuführen und in diesem Zug auf die Taube im Logo zu verzichten. Die Ortsparteien reagieren mit einem offenen Brief, der Gemeindepräsident verweist auf das Leitbild 2040.

Die Gestaltung der neuen Wortmarke «Bad Ragaz» in blauer Farbe und mit einer Schrift, die Wasser und damit eine Verbindung zur Tradition und zur Natur symbolisiert, ist Teil eines Pakets, mit dem die Gemeinde ihren Auftritt modernisieren will. Es geht um eine grundlegende Überarbeitung der Corporate Identity und des Corporate Design von Bad Ragaz, wie dies auf Neudeutsch bezeichnet wird (siehe Ausgabe vom 5. Januar).

Vor allem die neue Wortmarke – gleichzeitig das neue Hauptlogo – findet im Kurort nicht nur Anklang, wie mehrere Leserbriefe zeigen. Mit einem offenen Brief, unterzeichnet von den Ortsparteien Mitte, FDP und SVP, verstärkt sich die Kritik am Entscheid des Gemeinderates. Mit der neuen Wortmarke werde gleichzeitig «ein Stück Gemeindeidentität amputiert», heisst es mit markigen Worten. Mit diesem Schritt habe man sich «nicht nur (…) von einem einzigartigen Wiedererkennungsmerkmal, sondern auch von einem Sinnbild verabschiedet, welches für die Einwohnerinnen und Einwohner von Bad Ragaz seit 97 Jahren Identität symbolisiert».

Keine wichtigeren Fragen?

Für jede Nebenstrasse werde ein Mitwirkungsverfahren veranstaltet, in das die Bevölkerung einbezogen werde. «Wie einfach wäre es gewesen, die Einwohnerinnen und Einwohner von Bad Ragaz beim neuen Logo zu involvieren?», stellen die Verfasser des offenen Briefs eine wohl rhetorisch gemeinte Frage. Das Unverständnis in der Bevölkerung sei jedenfalls gross. «Gibt es in Bad Ragaz keine wichtigeren Fragen als ein Corporate-Identity-Projekt?», lautet eine weitere Frage. Die Ortsparteien würden sich wünschen, dass der Gemeinderat seine Prioritäten auf die zukunftsbestimmenden Themen von Bad Ragaz legt. Diese könnten leicht aus dem Leitbild 2040 und den Themen aus Bad Ragaz Mobil abgeleitet werden.

Wären die Ortsparteien in den Auswahlprozess einbezogen worden, hätten sie empfohlen, die Wortmarke in eine Wort-Bild-Marke umzuwandeln. «Unser Bad Ragazer Tübli hätte sich als Teil der Gemeindeidentität und somit des Logos der Gemeinde Bad Ragaz gut gemacht. Wenn nötig vielleicht moderner oder stilistisch. Jetzt ist es leider zu spät, schade!», schliesst der offene Brief von Mitte, FDP und SVP.

Online-Umfrage lanciert

Die Parteien lassen es nicht beim offenen Brief bewenden. Sie wollen mit einer Online-Umfrage herausfinden, von welcher Wichtigkeit der neue Auftritt der Gemeinde für die Bevölkerung ist. Und wie diese die Prioritäten im Dorf setzen würde angesichts von Themen wie Stau durchs Dorf, Feuerwehrdepot, Gemeindesaal, ÖV-Verbindungen, Zonenplan und vielem mehr. Die Umfrage läuft bis Dienstag, 17. Januar, um 23 Uhr. Erreichbar ist die Umfrage über die Websites von Die Mitte, FDP und SVP.

Bühler: Nur bedingt Verständnis

Gemeindepräsident Daniel Bühler kann die Aufregung nur teilweise verstehen, habe man doch im Leitbild 2040 die «Überarbeitung der Kommunikationskanäle» und die «gezielte Verbesserung des Erscheinungsbildes der Gemeinde» festgehalten – notabene unter Mitwirkung einer Begleitgruppe, welcher auch die drei Parteipräsidenten angehörten. Die Vereinheitlichung der Wortmarke «Bad Ragaz» sei dann vom Gemeinderat (aus einer Vielzahl von Vorschlägen) verabschiedet worden – den ausgearbeiteten Schriftzug habe man aber nicht in eine Vernehmlassung gegeben. Mit Tourismus-, Schul- und Gewerbevertretern decke der Gemeinderat breite Interessen ab und repräsentiere in diesem Sinne die Bevölkerung, begründet Bühler das Vorgehen. Das Tübli werde im Übrigen nicht abgeschafft, sondern bleibe als Gemeindewappen selbstverständlich weiterhin bestehen, auch auf Fahnen oder Stempeln bleibe es sichtbar.

Offener Brief

Ein Stück Gemeindeidentität amputiert

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Gemeinderäte

Mit grosser Verwunderung, um nicht zu sagen mit grosser Bestürzung, mussten die Ortsparteien zur Kenntnis nehmen, dass der Gemeinderat im Herbst 2022 einen neuen Auftritt für Bad Ragaz genehmigte. Oder wie man neudeutsch sagt: «Corporate Identity». Mit diesem Schritt und der Einführung einer Wortmarke als Hauptlogo hat sich der Gemeinderat nicht nur vom Wappen, von einem einzigartigen Wiedererkennungsmerkmal, sondern auch von einem Sinnbild verabschiedet, welches für die Einwohnerinnen und Einwohner von Bad Ragaz seit 97 Jahren Identität symbolisiert. 

Für jede Nebenstrasse wird, weil vom Gesetz vorgeschrieben, ein Mitwirkungsverfahren veranstaltet, in welchem die Bevölkerung einbezogen werden soll. Leider sind die Mitwirkungsmöglichkeiten oft bescheiden, weil man schnell in rechtliche Schranken verwiesen wird. 

Wie einfach wäre es gewesen, die Einwohnerinnen und Einwohner von Bad Ragaz beim neuen Logo zu involvieren? Es geht doch hier um mehr als nur das Rathaus! Unter Corporate Identity muss man in diesem Kontext doch «Gemeindeidentität» verstehen. Weil Gemeinde auch «gemeinsam» heisst, ist hier auch die Bevölkerung betroffen. Die Menschen, Vereine, Touristiker, Unternehmen und die Parteien in der Gemeinde mit einem kleinen Wettbewerb und einem Auswahlverfahren von drei, vier Logovorschlägen zu involvieren, wäre so einfach gewesen. Bei einem Thema wie dem Identifikationssymbol von Bad Ragaz entscheidet der Gemeinderat aber offenbar lieber im Stillen.

Das Unverständnis in der Bevölkerung ist gross. Für Hunderttausende Franken wurde im Jahr 2019 «Bad Ragaz mobil» initiiert. Von der Umsetzung ist in Bad Ragaz kaum etwas zu spüren – fast alles steckt noch immer in der Projektstudienphase fest.

Natürlich haben die Ortsparteien Verständnis dafür, dass zukunftsgerichtete Signale gesendet werden sollen und dass der veraltete Internetauftritt schon lange überarbeitet werden sollte. Aber gibt es in Bad Ragaz keine wichtigeren Themen als ein Corporate-Identity-Projekt? Die Ortsparteien hätten sich gewünscht, dass der Gemeinderat seine Prioritäten auf die zukunftsbestimmenden Themen von Bad Ragaz legt. Diese können leicht aus dem Leitbild 2040 und den Themen von «Bad Ragaz mobil» abgeleitet werden.

Über die Kosten des Corporate-Identity-Projekts wollen wir an dieser Stelle gar nicht nachdenken. Allein der interne Arbeitsaufwand und die Kosten für das Grafikstudio werden keine Schnäppchen gewesen sein. Dazu kommt, dass die Umsetzung nicht ganz trivial ist. Jedes einzelne Formular auf der Gemeinde und der Schulgemeinde muss angepasst werden. Davon gibt es bekanntlich nicht wenige. Dazu kommen Beschriftungen im Rathaus, auf Wegweisern, Fahrzeugen etc. 

Viele Unternehmensauftritte und Marketingaktivitäten in Bad Ragaz orientieren sich am Wappen von Bad Ragaz. Wie viele Internetseiten, Drucksachen, Werbeartikel müssen deshalb nun der Richtigkeit halber angepasst werden, damit die Corporate Identity wieder im Einklang steht? 

Die Ortsparteien bedauern sehr, dass die betroffene Bevölkerung und die Organisationen in den Auswahlprozess nicht einbezogen wurden. Gerne hätten wir empfohlen, die Wortmarke in eine Wort-Bild-Marke umzuwandeln. Unser Bad Ragazer «Tübli» hätte sich als Teil der Gemeindeidentität und somit des Logos der Gemeinde Bad Ragaz gut gemacht. Wenn nötig vielleicht moderner oder stilistisch.

Jetzt ist es leider zu spät, schade!

Freundliche Grüsse

Für Die Mitte Bad Ragaz-Taminatal
Thomas Bollhalder, Präsident,
für die FDP Bad Ragaz-Taminatal Christoph Gressbach, Präsident,
für die SVP Bad Ragaz
Hugo Schwitter, Präsident

Hans Bärtsch/sardona24