Fake-News-Video: «Flumser» Wolfsriss kommt aus Italien

Das linke Video zeigt die von der Wildhut bestätigte tatsächliche Sichtung in Flums vom 23. Februar. In der Mitte findet sich das originale Rissvideo, rechts das im Sarganserland verbreitete Rissvideo, das per WhatsAPP mit dem Zusatz «ARA Flums» versendet wird. Zu hören ist die original Tonspur mit den italienisch sprechenden Autoinsassen (mittleres Video). Diese Stimmen sind auf dem verbreiteten (und bearbeiteten) «ARA-Flums-Video» nicht zu hören.
Es ist ein Video, das die Natur zeigt, trotzdem ist es brutal: Auf dem Film, der sich im Sarganserland übers Wochenende wie ein Lauffeuer verbreitet hat, ist ein Wolf zu sehen, der ein Wildtier reisst. Der Angriff wird aus einem Auto gefilmt, der Fahrer stört die Szenerie sichtlich. Trotzdem schafft es der Wolf, seine Beute letztlich in die Büsche zu schleifen. Als angeblicher Ort des Geschehens wird die ARA Flums genannt.
Doch stimmt das auch? Tatsächlich wurde in Flums zwischen Flumroc und der ARA am 23. Februar ein Wolf gesichtet und gefilmt, wie der zuständige Wildhüter, Rolf Wildhaber, auf Anfrage des «Sarganserländers» bestätigt. Dieses Video dauert aber lediglich einige Sekunden und zeigt ein Raubtier, das vor dem Lichtkegel eines Autos flüchtet. Diese Sichtung wurde publik, kurz darauf kursierte dann das «Rissvideo» mit dem Zusatz «ARA Flums», das rund 90 Sekunden dauert, im Sarganserland.
Wildhaber ist auch dieses Video bekannt. Er hat es bereits vor rund 14 Tagen zugeschickt bekommen. Für ihn ist klar: Der Wolfsangriff wurde nicht in Flums, sondern in Italien aufgenommen. Erstens existiere bei der ARA Flums gar keine solche Strasse, auf der sich die Szene abgespielt haben könnte. Zweitens sei es bereits zuvor auf einer italienischen Facebook-Seite gepostet und drittens seien in der Ursprungsversion des Videos die Insassen des Autos zu hören, die eindeutig italienisch miteinander sprechen. In jener tonlosen Version, die im Sarganserland verbreitet wird und mit der Ortsbezeichnung «ARA Flums» ergänzt wurde, ist die Tonspur wohl bearbeitet (bzw. gelöscht) worden, die Stimmen der Autofahrer sind nicht mehr zu hören.
Rolf Wildhaber: «Das ist Alltag für uns»
Ein Wolfsriss mit grösster Wahrscheinlichkeit aus Italien, der gemäss verbreitetem Video in Flums spielt? Für Wildhüter Rolf Wildhaber sind solche «Fake News» Alltag. Aufregen mag er sich nicht mehr.
Der Wolf im Sarganserland – es gibt wenige Themen, die in unserer Region mehr polarisieren. Aktuell kursieren immer wieder Videos, welche die Raubtiere in unserer Gegend zeigen; am Strassenrand, in Wiesen oder gar in Skipisten am Flumserberg. Der Grund ist klar: Wenn in den Bergen Schnee liegt, kommen die Tiere zwecks Futtersuche in die Täler. Die bestätigten Sichtungen (und Risse), werden auf der Homepage des Kantons (www.sg.ch) nachgeführt. Die Liste ist bereits lang und wird laufend länger.
Einer, der alle diese Filme kennt, ist Wildhüter Rolf Wildhaber. Fast täglich erhalten er und seine Kollegen Aufnahmen zugeschickt, die Wölfe im Sarganserland zeigen. Oder zeigen sollen. Denn, so Wildhaber: «Nicht selten sind es auch Hunde und Füchse, die für Wölfe gehalten werden. Wir prüfen deshalb alle Aufnahmen sorgfältig. Können wir eine Sichtung bestätigen, leiten wir die Informationen weiter.»
Hunde und Füchse statt Wölfe – ein Irrtum, der durchaus passieren kann. Doch Wildhaber kennt auch genügend Fälle, in denen mit Absicht manipuliert wird. Bekannt ist ein Fall aus Plons. Dort wurde im Februar 2022 in Siedlungsnähe ein Rehkitz gerissen, von mehreren Füchsen, wie die Spurenanalyse ergab. Das Bild des unglücklichen Rehs wurde aber zusammen mit älteren Aufnahmen von Wolfsspuren verbreitet. Die Illusion war für den unbedarften Betrachter zunächst perfekt, flog später aber auf (der «Sarganserländer» berichtete).
Wolfsgegner seien gut vernetzt, führte Dominik Thiel, Leiter des kantonalen Amts für Natur, Jagd und Fischerei bereits damals gegenüber dem «Sarganserländer» aus, und würden sich solche Ereignisse zunutze machen, um eine eigene, ihnen passende Story zu erzählen.
Wildhaber bestätigt diese Aussagen nun auch im «Fall Flums»: «Wir haben es immer wieder mit solchen Falschinformationen zu tun, aufregen mag ich mich nicht mehr darüber. Es wird viel erzählt rund um den Wolf, was nicht stimmt. Wir haben uns seit vielen Jahren daran gewöhnt.»