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Nichts deutet auf Rezession hin

Die finanzielle Lage von Kanton und Region im Fokus: René Walser und Regierungsrat Marc Mächler im Gespräch mit Sabine Bianchi (von links).
Die finanzielle Lage von Kanton und Region im Fokus: René Walser und Regierungsrat Marc Mächler im Gespräch mit Sabine Bianchi (von links). Bild: Michel Bossart
Beim diesjährigen Konjunktur- und Trendforum der St.Galler Kantonalbank «Horizonte» in Buchs ist das Thema «Heute Wachstum – Morgen Rezension?» eingehend diskutiert worden.

Gleich vorweg: Weder die Konjunktur- und Finanzexperten der St. Galler Kantonalbank, noch der St. Galler Regierungsrat und Finanzminister Marc Mächler sind Propheten, die die Zukunft voraussagen können. Und trotzdem können sie vielleicht besser als andere abschätzen, wie gut es der Ostschweizer und regionalen Wirtschaft dieses und nächstes Jahr gehen wird. Das Thema des Konjunktur- und Trendforums «Horizonte» der St. Galler Kantonalbank, das bei der Blumen Keusch AG in Buchs tagte, ging der Frage nach, ob es 2023 eine Rezession geben werde.

Anlagechef Thomas Stucki nutzte zur Erklärung die Metapher eines Winterbildes: Darauf zu sehen war eine Strasse in einer neblig-eisigen Umgebung und sagte: «Man weiss nicht recht, wohin die Strasse führt, durch den Nebel scheint aber schon ein bisschen die Sonne.» Fakt sei, dass sich die Schweiz in keiner Rezession befinde – dafür bräuchte es zwei Quartale mit negativen Wachstumszahlen – und dennoch verunsichere die Inflation, Zinssituation und der Fachkräftemangel Industrie und Gewerbe. Stucki geht davon aus, dass die Schweizerische Nationalbank (SNB) den Leitzins im Sommer noch einmal erhöhen wird und dass sich dieser dann auf zwei Prozent hält. Er prognostiziert ein Wirtschaftswachstum Null bis zum Sommer, danach soll es besser werden. Und zwar trotz eines erstarkten Schweizer Frankens: Hier sieht Stucki gegenüber dem Euro einen Wechselkurs von eher 0.95 als 1.05 für den Herbst voraus. «Damit müssen wir umgehen können», warnte er die anwesenden Unternehmer.

Problem: Arbeitskraftmangel

Insgesamt gehe es der Ostschweizer Wirtschaft gut, führte Konjunktur- und Finanzexperte Beat Schiffhauer im Anschluss aus. Das eher binnenorientierte Sarganserland und der stark vom Export abhängige Werdenberg habe sich nach der Coronakrise erholt und die ausgebliebene Energiemangellage haben sich positiv auf die Entwicklung ausgewirkt. Die grössten Hemmnisse für eine prosperierende Wirtschaft sieht Schiffhauer im Arbeitskräftemangel. «Einige Unternehmer haben es sogar aufgegeben, offenen Stellen zu inserieren, weil sich einfach niemand meldete. Sie setzen lieber auf das Abwerben geeigneter Kandidaten.» Langfristig schneide man sich mit dieser Strategie aber ins eigene Bein, gab er zu bedenken: Denn Abwerben heisse, höhere Löhne bezahlen zu müssen.

Keine amerikanischen Verhältnisse

Im Konjunkturtalk mit Moderatorin Sabine Bianchi wurden einige Fragen vertieft: Die Schuldenfrage der USA waren genauso Thema wie die aufgeblasene Bilanzsumme der SNB, das globale Bevölkerungswachstum oder die Personalsituation auf dem Arbeitsmarkt. Konkret schätzten die Experten es als unmöglich ein, dass die USA im August 2023 zahlungsunfähig werde. Stucki sagte: «Eine Zahlungsunfähigkeit der USA kann sich die Welt gar nicht leisten. Sie werden sich einfach weiter verschulden.»

Regierungsrat Marc Mächler zeigte sich erleichtert darüber, dass im Kanton keine amerikanischen Verhältnisse herrschen. Auch wenn die SNB 2023 keine Ausschüttungen an die Kantone tätige und St. Gallen somit 240 Millionen Franken fehlten, die nicht so einfach kompensiert werden könnten, so verfüge man über ein genügend grosses Polster, um nicht nur diesen Ausfall zu stemmen, sondern auch noch die Steuern um fünf Prozentpunkte senken zu können. Ihn beschäftige vielmehr, dass mit Corona eine Anspruchshaltung aufgetaucht sei, dass der Staat dann schon einspringe, wenn es der Wirtschaft mal schlecht gehe. Aber: «Der Staat kann nicht das unternehmerische Risiko stemmen», dachte er dabei auch an die kürzlich geäusserten Forderungen, der Staat solle die erhöhten Energiepreise kompensieren.

Generation Z ins Boot holen

Im Jahr 2035 fehlen der Ostschweiz laut Schätzungen der Industrie- und Handelskammer St.Gallen-Appenzell (IHK) 60 000 Arbeitskräfte. Wie man diese Krise abwenden kann, dafür hatte Yaël Meier von der Beratungsfirma Zeam ein Rezept auf Lager: Die Generation Z für sich und seine Firma gewinnen. In einer kurzweiligen, gut einstudierten Präsentation erklärte sie den anwesenden Unternehmen, wie die Gen Z tickt. Die Quintessenz: Firmen, die nicht alle Social-Media-Kanäle intensiv bespielen, haben eh verloren. So erklärte sie: «Für uns ist, was auf Social Media passiert, real. So real wie das, was auf der Welt passiert.» Oder: «Die Gen Z ist nicht digital first, sonder Social Media first.» Das Klischee der faulen Gen Z, die wenn überhaupt am liebsten remote arbeite, konnte sie aber relativieren. Umfragen ihrer Firma haben nämlich ergeben, dass auch Angehörigen der Gen Z ein gutes Arbeitsklima, eine inhaltlich interessante Arbeit, Jobsicherheit, die Sinnhaftigkeit im Tun und flexible Arbeitszeiten durchaus zu schätzen wissen. Sie seien ausschlaggebend, ob ein Job angenommen wird oder nicht. 

Michel Bossart