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Freizeit
22.04.2023

Falsche Tierliebe

Gesundheitliche Probleme sind das eine – übermässiges Brotfüttern führt aber auch dazu, dass die Wasservögel immer zutraulicher werden, was für sie gefährlich werden kann.
Gesundheitliche Probleme sind das eine – übermässiges Brotfüttern führt aber auch dazu, dass die Wasservögel immer zutraulicher werden, was für sie gefährlich werden kann. Bild: Rahel Köppel
An einem warmen Frühlingstag haben es wohl alle schon mal getan: Wasservögel gefüttert. Diese harmlos erscheinende Aktion kann aber unschöne Folgen haben, für Tier und Natur.

Man sitzt am See, isst sein Sandwich und geniesst das warme Wetter, das sich nun langsam, aber sicher gegen die eisige Kälte durchzusetzen vermag. Die Stimmung ist friedlich – die Menschen geniessen die Sonne, und die Wasservögel lassen sich gemütlich auf dem Gewässer treiben. Jetzt hat man aber vom Sandwich noch ein Stück Brot übrig, das man den Enten verfüttert, die den Snack dankend annehmen. Etwas, das man besser lassen sollte. Das Brot tut nämlich weder den Vögeln noch der Umwelt gut.

Enten ernähren sich hauptsächlich von (Wasser-)Pflanzen, Früchten und Samen, haben aber auch tierische Kost auf ihrem Speiseplan, wie beispielsweise Insekten, Froschlaich, Kaulquappen, Würmer und Schnecken. Sie benötigen eigentlich keine «Nahrungsunterstützung» von uns Menschen, da sie an die hiesigen Gebiete angepasst sind und selbstständig genug Futter finden.

Fast Food für Vögel

Dass Brot nicht das geeignetste Nahrungsmittel für Wasservögel ist, ist manchen bekannt. Die Tiere können das Brot nämlich nicht richtig verdauen, und es ist für sie ein wenig wie Fast Food für uns – das Gebäck enthält oft Salz und Zucker, was für die Vögel ungesund ist. Sie begeben sich fast nicht mehr selber auf Futtersuche. So kommt es schnell zu Mangelerscheinungen. «Speziell für Jungtiere, welche eine ausgewogene und artspezifische Ernährung zum Wachstum brauchen, ist es extrem schädlich», so Marc Stähli, Vogelexperte in der Voliere Zürich.

Er warnt zudem vor einem weiteren Problem. «Ein konkreter und sehr aktueller Punkt ist die Verbreitung von Krankheiten. Seit November wütet die Vogelgrippe am Zürichsee. An Futterstellen versammeln sich viele Individuen auf engstem Raum und stecken sich so schnell gegenseitig an.» Ausserdem verlieren Wasservögel durch das Füttern die Scheu vor den Menschen, was für die Tiere gefährlich werden kann. «An Orten wie beim Bootsanleger am Bürkliplatz, wo viel gefüttert wird, haben wir immer viele Unfälle mit Vögeln, die beim Kampf ums Futter in Tramleitungen fliegen», ergänzt Stähli.

Gewässer können kippen

Aber nicht nur für die Enten ist das Füttern nicht von Vorteil – auch die entsprechenden Gewässer können darunter leiden. Die nicht verspeisten Überreste des Brotes sinken auf den Grund ab und verfaulen. Das Wasser wird dadurch mit zusätzlichen Nährstoffen angereichert. In Kombination mit Kot kann dies dazu führen, dass das Wasser «kippt», sich übermässig freischwimmende Algen bilden und somit nicht mehr genügend Sauerstoff und Sonnenlicht für Seebewohner vorhanden sind. Tiere und Pflanzen, und im schlimmsten Falle das ganze Gewässer, sterben. Besonders bei kleineren, stehenden Gewässern ist die Gefahr einer sogenannten Eutrophierung gross.

Was aber, wenn man die herzigen Wasservögel trotzdem füttern möchte? «Generell wären wir für ein Fütterungsverbot von Wasservögeln, da es schlichtweg nicht nötig ist», gibt Marc Stähli zu. Wenn jemand aber wirklich nicht darauf verzichten möchte, sollte laut dem Experten spezielles Entenfutter, zum Beispiel in Pelletform, oder Grünfutter verfüttert werden. «Auf Brot und Essensreste sollte man komplett verzichten.» Bestenfalls verteilt man das Futter am Ufer, damit das Gewässer nicht verschmutzt wird. So kann man seine Wasservogelfreude ausleben, ohne den Tieren oder der Natur zu schaden.

Rahel Köppel, Zuerich24