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So kann das Mobilitätsverhalten nachhaltig geändert werden

Bild: HSG
Die HSG präsentiert die Ergebnisse einer ersten Studie, wie sich das Mobilitätsverhalten für Haushalte nachhaltig ändern lässt. «Future Mobility Lab» möchte Menschen motivieren, ihr Verhalten aktiv zu ändern.

Überzeugende, nachhaltige Mobilitätsangebote schaffen und Menschen motivieren, sie auch zu nutzen – diesen Beitrag möchte das «Future Mobility Lab» zur Verkehrswende leisten. Mit «New Mobility Buddys» präsentiert es die Ergebnisse seiner ersten Studie.

Das Lab ist ein Konsortium von Städten, Verbänden und zentralen Mobilitätsdienstleistern aus Deutschland und der Schweiz. Es wurde im März 2022 auf Initiative des Instituts für Mobilität (IMO-HSG) der Universität St.Gallen und der Kommunikationsagentur fischerAppelt gegründet.

Die Studie gibt Antworten auf die Frage, wie Menschen ihr Mobilitätsverhalten emissionsärmer und, wo möglich, weniger besitzorientiert gestalten können.

20 Haushalte im Test

«Mobilität betrifft uns alle täglich individuell. Aus diesem Grund ist die Integration diverser Perspektiven für die Gestaltung der Mobilität der Zukunft von zentraler Bedeutung. Das Future Mobility Lab ist eine Plattform für unterschiedlichste Stakeholder und Gestalter des Mobilitätswandels sowie Ideengeber, um realen Einfluss auf das Mobilitätsverhalten zu nehmen», sagt Prof. Dr. Andreas Herrmann, Direktor des IMO-HSG.

«Wir haben uns mit unserer Studie angeschaut, unter welchen Umständen Menschen bereit sind, auf nachhaltige Verkehrsmittel umzusteigen und gefragt, auf Grundlage welcher individuellen Faktoren Menschen ihre täglichen Mobilitätsentscheidungen treffen», erklärt Jürgen Stackmann, Direktor «Future Mobility Lab» des IMO-HSG.

In der Studie wurden 20 private Haushalte in Berlin, Hamburg, Zürich und St.Gallen über einen Zeitraum von vier Monaten von Wissenschaftlern bei der Ausgestaltung ihrer Mobilität begleitet und beraten.

Besonders daran war, dass sich die Forscher über einen längeren Zeitraum mit den Haushalten befasst haben. Darunter waren Familien mit Kindern, wie auch Single-Haushalte dabei, die im urbanen, suburbanen oder ländlichen Raum leben.

Nach einer Messung des bisherigen Mobilitätsverhaltens wurden verschiedene Massnahmen, die zu einer emissionsärmeren Mobilität beitragen, in einem iterativen Prozess zusammen mit den Haushalten getestet.

Dazu gehören zum Beispiel:

  • Verzicht auf ein Auto sowie der Umstieg auf ein Elektrofahrzeug
  • Nutzung des Öffentlichen Verkehrs (ÖV)
  • Nutzung von Shared-Mobility-Angeboten, beispielsweise Carsharing und Sharing-Angebote im Bereich der Mikromobilität
  • Einsatz von Mobilitätsapps
  • Betrachtung von CO2-Emissionen und der Kosten für die eingesetzten Mobilitätsformen (Tank-/Ladekosten, Fahrscheine, Mietkosten für Sharing-Angebote etc.) 

Eigenes Auto trotz Alternativen

«Es konnte beobachtet werden, dass nur wenige der Teilnehmern ihre Mobilitätskosten zu Beginn der Studie korrekt einschätzen konnten. Im Laufe der Studie waren mehrere der Teilnehmer dann bereit, bewusst Mehrkosten für einen privaten Pkw gegenüber einem objektiv günstigeren Alternativangebot zu zahlen.

Auch das Aufzeigen von CO2-Emissionen hatte – zumindest als alleinstehender Faktor – in der Regel keinen ausschlaggebenden Einfluss auf die Verkehrsmittelwahl», fasst Jannis Linke einige Ergebnisse aus der Zusammenarbeit mit den Haushalten zusammen.

Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen weiter, dass sich eine erfolgreiche Veränderung des Mobilitätsverhaltens aus drei übergeordneten Dimensionen ableitet:

  • Dem Durchbrechen bestehender Mobilitätsroutinen (Verhalten)
  • Der Schaffung und Weiterentwicklung attraktiver Alternativangebote (Angebot)
  • Einer differenzierten Einordnung der Modi (Kontext)

Die letztgenannte Dimension hebt hervor, dass der optimale Mobilitätsmix eines Haushaltes wesentlich von dessen spezifischen Voraussetzungen und Bedürfnissen sowie dem jeweils verfügbaren Mobilitätsangebot abhängt.

App-Zugang zu multimodalen Alternativen

Die Studienergebnisse heben verschiedene Alternativen zu einem privaten Pkw mit einem Verbrennungsmotor hervor: Dazu gehört ein diverses Angebot an geteilten Mobilitätsformen. Wichtig zur Steigerung ihrer Attraktivität sind sogenannte Multimodalapps, bei denen mehrere Mobilitätsangebote innerhalb einer Plattform gebucht werden können.

In Regionen ohne entsprechendes Angebot geteilter Mobilitätsformen konnten CO2-Einsparungen durch die Nutzung elektrischer Fahrzeuge erzielt werden. Gleichzeitig regen die Ergebnisse dazu an, Potenziale der Emissionseinsparungen durch die Vermeidung nicht notwendiger Wege weiter zu untersuchen.

Die Studie macht deutlich, dass Veränderungen zu einer nachhaltigeren Mobilität bereits heute in vielen Fällen möglich sind. «Wichtig ist, dass der einfache Zugang zu attraktiven Angeboten der geteilten Mobilität weiter ausgebaut wird. Es braucht wiederholt externe Impulse und Anreize, um etablierte Mobilitätsroutinen zu durchbrechen. Dazu gehört, Menschen durch einfache Informationszugänge einen umfassenden Überblick über die Mobilitätsangebote zu geben», fasst Dr. Scharfenberger zusammen.

Limitationen der Studie

Das Forschungsdesign der Studie wurde darauf ausgerichtet, einen umfassenden Einblick in das alltägliche Mobilitätsentscheidungsverhalten der teilnehmenden Haushalte über den Zeitraum von vier Monaten zu erhalten. Den damit verbundenen Vorteilen stehen auch Nachteile gegenüber. Die Limitationen der Studie liegen unter anderem in den Bereichen der kleinen Stichprobe (N = 20 Haushalte), der mindestens durchschnittlichen ökonomischen Situation der Haushalte, einer hohen Diversität unterschiedlicher Angebots- und Raumkontexte sowie soziokultureller Unterschiede der Haushalte.

Die vorliegenden Ergebnisse besitzen damit keinen Anspruch auf Repräsentativität und sollten in zukünftigen Studien weitergehend überprüft werden.

pd/stgallen24