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Walenstadt
04.10.2023
04.10.2023 16:28 Uhr

Von Tullinen zu Tünelen

Mit Blick zu wolkenverhangenen Bergen: Elia Ackermann erklärt die Herkunft von Namen wie Tschingla und Schrina.
Mit Blick zu wolkenverhangenen Bergen: Elia Ackermann erklärt die Herkunft von Namen wie Tschingla und Schrina. Bild: Pressebild
Heute wird ein Rebberg-Gebiet in Walenstadt «Tünelen» genannt, das früher «Tullinen» hiess und im alträtoromanischen Ausdruck «Tulìna» (Tännlein, kleine Föhre) wurzelt. Zur Klärung dieser Namensveränderung hat der Kulturkreis Walenstadt Sprachwissenschafter Elia Ackermann zu einem Referat eingeladen.

Der «Sarganserländer» berichtete im März letzten Jahres über die wissenschaftliche Arbeit von Elia Ackermann (Berschis) über rätoromanische Flurnamen im Kanton St. Gallen. Das gab dem Kulturkreis den Anstoss, ihn für einen Vortrag nach Walenstadt einzuladen. Der von 70 Teilnehmerinnen und Teilnehmern besuchte Anlass hat grosses Interesse geweckt, sicher auch wegen des attraktiven Rahmenprogramms mit dem Chor Maschadà Rumantsch Rezia Bassa, einem kleinen Rundgang im Städtli und dem «rätoromanischen» Apéro im Städtlibungert.

Romanisch gesprochen bis ins 14. Jahrhundert

Im Vortrag erklärte Elia Ackermann die Sprachgeschichte des Sarganserlandes, wo noch bis ins 14. Jahrhundert Rätoromanisch gesprochen wurde. Nach und nach wurde es verdrängt durch die deutsche Sprache, die von Westen entlang Linth und Walensee und von Norden vom Bodensee durch das Rheintal vordrang.
Von den heutigen Flurnamen sind manche besser als ursprünglich rätoromanische Ausdrücke zu erkennen (wie Garadur, Gasälla, Verachta), andere aber brauchen ein vertieftes Verständnis der sprachlichen Entwicklung (beispielsweise Büls, Lüsis, Sennis), was mit der linguistischen Forschungsmethode und Nutzung von alten Belegen ergründet wird. Nicht immer lässt sich der Namensursprung präzise herleiten, sodass manche Flurnamen zwar als alträtoromanisch erkannt werden können, deren Bedeutung aber offenbleibt.
Ackermann fand in dieser als eher trocken eingestuften Materie ein unterhaltsames Gleichgewicht zwischen notwendigen fachlichen Aspekten des Themas und andererseits konkreten Beispielen aus der Umgebung, sodass es etliche Aha-Erlebnisse gab und auch kurze Diskussionen zu Namensveränderungen stattfanden. Letztere wurden befruchtet durch die anwesenden Chor-Mitglieder mit Rätoromanisch als Muttersprache.

Traditionelle Lieder und ein «rätoromanischer Apéro»

Der Rundgang zu Tünelen, Zihl, Calfinza bot auch gute Einblicke in die höheren Lagen, wo noch viele rätoromanische Flurnamen existieren. Danach ging es durch das Städtli zurück in den Städtlibungert, wo der Chor nochmals rätoromanische Lieder sang und dann der «rätoromanische Apéro» serviert wurde: Alpkäse von Alpen Malun, Schrina, Schwaldis und Tamons sowie Wein von den Rebbergen Calfinza, Cappölla und Tünelen – alles rätoromanischen Namen. Dank des angenehm warmen Herbstabends konnte sich die grosse Besucherschar noch längere Zeit draussen bei Käse, Brot und Wein über das Gehörte unterhalten und verweilen. (pd)

sardona24/pd