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Bad Ragaz
05.10.2023

Tagung der Paracelsus-Gesellschaft im Alten Bad Pfäfers

Bild: Pressebild
Die Schweizerische Paracelsus-Gesellschaft hat mit Gästen der Deutschen Bombastus-Gesellschaft im Alten Bad Pfäfers ihre Jahrestagung durchgeführt. Noch bis am Sonntag, 22. Oktober, kann das Alte Bad Pfäfers in der Taminaschlucht besucht werden.

Das Alte Bad Pfäfers bildete eine hervorragende Kulisse für diese Tagung: Paracelsus war sicher im Sommer 1535 hier gewesen und schrieb seine Arbeit «Vonn dem Bad Pfeffers in Oberschwytz gelegen», weil die warme Quelle einen tiefen Eindruck in ihm hinterlassen hat. Wie zu Beginn ausgeführt wurde, ist die Gesellschaft bestrebt, das Werk des Paracelsus zu erforschen und seine kulturelle und philosophische Bedeutung bis in die heutige Zeit zu beleuchten und bei ihm nach Antworten auch auf Fragen aus unserer Zeit zu suchen. Die Paracelsus-Gesellschaft würdigte mit der Wahl des Standorts einen Ort, mit dem der Arzt, Naturphilosoph und Theologe Theophrastus Bombastus von Hohenheim, der sich selber Paracelsus nannte, verbunden war. Über die spannenden Hintergründe seiner Namensgebung kann, neben vielen anderen Themen, im Paracelsusbuch nachgelesen werden, das im letzten Jahr von Ivo Bizozzero für die «Freunde des Alten Bad Pfäfers» herausgegeben wurde.

«In sittlicher Hinsicht keinerlei Makel»

Das Tagungsprogramm begann am Samstag mit einem Vortrag von Katharina Biegger aus Potsdam über den in Paracelsus’ Geburtsort Einsiedeln geborenen Raymund Netzhammer (1862–1945), der 1901 eine einflussreiche Biographie von Paracelsus geschrieben hat. In dieser geht er besonders auf die Einflüsse von dessen Vater Wilhelm und seine frühen Studien zum Bergbau und Metallurgie ein, schildert dann die bekannten Wanderungen, nimmt in den Auseinandersetzungen in Basel den Paracelsus gegenüber seinen Schmähern in Schutz und attestiert ihm «in sittlicher Hinsicht keinerlei Makel». Paracelsus wollte die Chemie nur für Heilzwecke nutzen, nicht etwa wie andere Alchimisten, um Gold zu machen. Im religiösen Belangen sei er «ein eigener Kopf» gewesen mit seiner Kritik an den Traditionen der katholischen Kirche, aber auch an der Reformation. Gegner unterstellten ihm, dass er kein einziges Dogma anständig aufsagen könne.

Die im Vortrag erwähnte Biografie Netzhammers führt vom Klosterschüler zum Lehrer in Einsiedeln, wo er Chemie, Mathematik und Geometrie unterrichtete. 1905 wurde er Bischof, später Erzbischof in Bukarest zu einer Zeit, als viele Ausländer als Spezialisten ins Land geholt wurden, das zwischen dem Zarenreich, dem Deutschen Reich, Österreich-Ungarn und dem Ottomanischen Reich lag. Sein katholisches «Sprengsel» im orthodox-dominierten Rumänien ermöglichte ihm weite Reisen im Land, die er in sorgfältigen Beschreibungen darstellte, die heute noch wichtige Quellen der damaligen Geschichte sind. Er baute auch Kirchen und Schulen. Aber dann kam der erste Weltkrieg, in dem sich Rumänien der Entente anschloss und zunächst von deutschen Truppen erobert wurde. Später galt nach den Pariser Verhandlungen Rumänien als Kriegsgewinnler und ein ausgeprägter Nationalismus bildete sich aus, worauf der zuvor beliebte Erzbischof 1924 zur Abdankung gezwungen wurde. Danach kehrte er als ehemaliger Benediktinermönch auf die Werdinsel bei Stein am Rhein zurück, war weiter publizistisch aktiv, insgesamt aber wohl eher enttäuscht und verbittert. 1926 organisierte der bekannte Chirurg und hohe Offizier Bircher die Jahrestagung der Chirurgengesellschaft in Brunnen und widmete sie dem Paracelsus. Dort hielt Netzhammer einen bedeutenden sorgfältig ausgeführten Vortrag.

Mit der Hilfe von Künstlicher Intelligenz gearbeitet

Barbara Mahlmann-Bauer aus Bern hielt einen Vortrag über Glareanus, den Musiktheoretiker, Dichter, und Universalgelehrten der frühen Renaissance und verglich dessen Ansichten zum Abendmahl mit Angaben in Paracelsus’ Schriften. Sie bekannte, dass sie immer Interesse an Exzentrikern hatte und untersucht immer wieder solche «Spottvögel», die in ihrer Kritik an der Papstkirche und ihren Vertretern sich abarbeiteten. Sehr sorgfältig ging sie dann auf die verschiedenen Interpretationen der «Einsetzungsworte» des Abendmahles ein und auf ihre Kritik, wie sie in zum Teil heftigem Theologenstreit sich äusserten.

Der Heilpädagoge Peter Marty, der im ersten Band der Nova Acta Paracelsica 1987 über «Paracelsus, der Retter der Geistesumnachteten» geschrieben hatte, ging mit detaillierten Studien, die er auch mit Hilfe von künstlicher Intelligenz durchführte, dem Sprichwörtlichen im Werk von Paracelsus nach. Er verstand dies als Beitrag zu einem besseren Verständnis des Hohenheimers.

Die Generalversammlung der Schweizerischen Paracelsus-Gesellschaft am Sonntagmorgen war eine geschlossene Veranstaltung, an der grosse Veränderungen, personelle Wechsel, sowie auch ein neues Konzept für die Gesellschaft diskutiert und verabschiedet wurden.

Festvortrag – rhetorisches Feuerwerk

Dann aber hielt der grosse Paracelsus-Kenner Pirmin Meier auf seine bewundernswert mitreissende Art seinen Festvortrag «Paracelsus, Zwingli, Hutten: Grossfiguren der Pfäferser Badegeschichte» ein begeisterndes rhetorisches Feuerwerk an sorgfältig recherchierten intellektuellen Ausführungen zu diesen drei herausragenden Gestalten, die in unserer Gegend in der Renaissancezeit tätig waren und weitreichende geistige Entwicklungen prägten. In grossartigem Bogen wurde das Jahr 1523 zum Schicksalsjahr erklärt und diese Wahl mit zahlreichen gut fundierten Argumenten verständlich gemacht.

Für die festliche Umrahmung sorgte die auf Alte Musik spezialisierte Künstlerin Elisabeth Sulser mit Stücken und Tänzen aus der Renaissance und aus dem Mittelalter, wobei neben der Flöte auch seltener gehörte Instrumente wie Psalterium, Sopran- und Tenor Gemshorn (das eigentlich ein Kuhhorn ist), das Hümmelchen, ein leiser Kammerdudelsack, anklang.

Im Anschluss wurde in der Alten Küche bei einem stimmungsvollen Apéro weiter diskutiert.

https://www.altes-bad-pfaefers.ch/startseite.html

Ausstellung bis Mitte Oktober zu besichtigen; Schlucht noch bis am 22. Oktober offen

Für die Teilnehmenden gab es auch die Gelegenheit für eine Führung durch die aktuelle Ausstellung «Mescal e Margriata – Die Fruchtbarkeitsgöttin vom Kunkelspass» durch die beiden Bündner Kunstschaffenden Yvonne Gienal und Luis Coray, welche besondere Einblicke in ihr Werk boten und mit interessierten Besucherinnen und Besuchern Fragenkomplexen unserer Zeit nachspürten. Die Ausstellung ist noch bis am Sonntag, 15. Oktober geöffnet.

An ebendiesem Sonntag, 15. Oktober, findet im Abt-Jodok-Saal auch noch das letzte Konzert der Saison statt: Das Pacific Quartet Vienna ist nach drei Jahren erneut zu Besuch. Sie spielen das Streichquartett Opus 76/6 von Josef Haydn, 6 Bagatellen für Streichquartett von Anton Webern und von Franz Schubert das Streichquartett D 810 in d-Moll, «Der Tod und das Mädchen».

Das Alte Bad Pfäfers und die Schlucht sind noch offen und zugänglich bis am Sonntag, 22. Oktober. (pd)

Sardona24/Jürg Kesselring