Über 11'000 getötete Menschen, darunter viele Kinder und Frauen: Die Lage im Gazastreifen ist katastrophal und spitzt sich mit den anhaltenden Militäroperation Israels seit dem Angriff der Hamas immer weiter zu.
Laut Schätzungen der UN sind möglicherweise über 1,5 Millionen Menschen innerhalb des Gazastreifens auf der Flucht. Etwa 778'000 halten sich in Schulgebäuden, Unterkünften des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) auf. Weitere rund 122'000 Flüchtlinge suchen demnach Zuflucht in Krankenhäusern, Kirchen und öffentlichen Gebäuden, weitere rund 125'000 sind in Schulen ausserhalb des UN-Hilfswerks.
Ausreise gestaltet sich schwierig
Doch viele bleiben trotz den verehrenden Zuständen weiterhin im Kriegsgebiet – auch Personen mit Schweizer Staatsbürgerschaft, wie Michael Steiner, Medienchef des Aussendepartements EDA, gegenüber «CH Media» sagt. Man wisse von fünf Personen, die sich weiterhin im Gazastreifen befinden. Eine Einzelperson würde gerne das Gebiet verlassen, sei aber aus Sicherheitsüberlegungen noch nicht von Gazas Norden in den Süden gereist, wozu die israelische Armee die Zivilbevölkerung aufgefordert hat.
«Ob und wann eine Ausreise möglich sein wird, hängt auch davon ab, wann die ägyptischen Behörden erneut einen Grenzübertritt für bestimmte ausländische Staatsbürgerinnen am Grenzübergang von Rafah ermöglichen», sagt Steiner gegenüber der Zeitung.
St.Galler Familie ist erst im Juli ausgewandert
Bei den anderen vier Personen handelt es sich um eine vierköpfige Familie bestehend aus einem Vater und seinen drei Söhnen. Diese stammen ursprünglich aus der Stadt St.Gallen, wie die Halbschwester der Jungen, die in der Schweiz lebt, gegenüber stgallen24 sagt. Erst Mitte Juli verliess die Familie St.Gallen und wanderte nach Chan Junis aus. Dass sich die Ereignisse so überschlagen werden, hätte man da nicht ahnen können.
Der Wohnort der Familie befindet sich im südlichen Teil des Gazastreifens, der seit 1994 de facto unter Verwaltung der Palästinensischen Autonomiebehörde steht und gilt als Zufluchtsort für Hunderttausende von Menschen aus dem Norden Gazas. Doch auch im Süden seien die Zivilisten nicht sicher, wie der Angriff anfangs November auf die Stadt Chan Junis zeigt. Bei einem Luftangriff auf ein Wohnhaus sind mehrere Menschen getötet worden.
Die Familie mit Doppelbürgerschaft war zuletzt am 2. November in Kontakt mit der Schweizerischen Vertretung in Ramallah und sagte, dass sie nicht ausreisen wollen. Das bestätigt die Halbschwester, die heute Morgen (14. November 2023) mit ihrem Bruder in Kontakt stand. «Der Strom wird immer wieder abgestellt und manchmal höre ich mehrere Tage nichts von meinen Brüdern. Das bereitet mir grosse Sorgen», sagt sie.
Auch das Essen werde knapp und sie würden von Vorräten oder Hilfsgütern leben – hauptsächlich von selbstgemachten Brot und Reis. Trotz den schwierigen Umständen könne und möchte die Familie den Süden Gazas nicht verlassen. Zum einen weil die Lage zu unsicher sei und zum anderen, weil man sein Land nicht einfach so aufgeben könne.
«Die Familie weiss, dass sie sich jederzeit an die zuständige Aussenstelle wenden kann, wenn sie sich doch für eine Ausreise entscheiden sollte», sagt das EDA. Und auch die Schwester hofft, dass bald Ruhe einkehrt und nicht noch mehr Menschen diesem schrecklichen Krieg zum Opfer fallen. «Ich freue mich auf den Tag, wenn ich meine Brüder wieder in die Arme schliessen kann.»