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Mels
11.09.2024
11.09.2024 15:58 Uhr

«Fröhliche und weinende Kirche»

Predigt und Appell: Pfarrer Asogwa spricht in Mels von Kampf und Hoffnung – und bittet die christliche Gemeinde um Hilfe.
Predigt und Appell: Pfarrer Asogwa spricht in Mels von Kampf und Hoffnung – und bittet die christliche Gemeinde um Hilfe. Bild: Theodor Looser
Pfarrer Augustine Asogwa hat in Mels über das Schicksal der Christen in Nigeria gesprochen. Die Kirche in seinem Land sei sehr lebendig – und werde bedroht.

Organisiert von der internationalen Hilfsorganisation «Kirche in Not», hat Pfarrer Augustine Asogwa aus Nigeria am Sonntag einen Gottesdienst in der Kirche St. Peter und Paul in Mels gefeiert. «Seid ihr wach, oder noch im Bett?», fragte Augustine Asogwa humorvoll zu Beginn der Feier. Nach einleitendem Gesang des Kirchenchores konnten die Gottesdienstbesucherinnen und -besucher eine eindrückliche Predigt des Pfarrers aus Afrika hören.  

Lebendige und lebhafte Kirche

«Die Kirche in Afrika ist eine Kirche mit zwei Gesichtern, eine Kirche, die gleichzeitig fröhlich und traurig ist.» So charakterisierte Augustine Asogwa das Christentum in seiner Heimat Nigeria. «Wir sind gleichzeitig eine wei-nende und eine fröhliche Kirche. Die glückliche Seite ist, dass die Kirche in unserem Land lebendig ist und gut funktioniert.» Man könne mit Recht behaupten, dass Afrika die Hauptstadt des christlichen Glaubens sei. «Wir haben eine lebhafte und lebendige Kirche.» An vielen Orten habe man bei jeder Messe mehr als 500 Gläubige. 

Im Priesterseminar in Enugu, dem 1924 eröffneten «Bigard Memorial Seminary», wo Augustine Asogwa studiert hat, bereiten sich zurzeit mehr als 800 junge Männer auf das Priesteramt vor. Nigeria hat mehr als 15 000 Ordensleute und 10 000 Priester. «Vor mehr als 100 Jahren sind Menschen aus der Schweiz nach Afrika gekommen und haben uns das Licht des Glaubens gebracht», sagte Pfarrer Asogwa. «Heute bringen wir dieses Licht zu euch zurück.» Heute sind in der Schweiz mehr als 50 Priester aus Nigeria tätig, und es gibt zahlreiche Ordensleute, auch Ordensfrauen aus Nigeria, die in der Schweiz arbeiten.

«Islamistischer Terror bedroht die Kirche»

Augustine Asogwa sprach auch über die politische Situation in Nigeria. Dieses bevölkerungsreichste Land Afrikas hat etwa 220 Millionen Einwohner, etwa die Hälfte davon sind Muslime, die andere Hälfte Christen. «Unter den Muslimen gibt es eine sehr kleine, extreme Gruppe, die unsere Kirche bombardiert», so Asogwa. «Sie lassen es nicht zu, dass wir unseren Glauben leben. Das ist die traurige Seite unserer Kirche.» In vielen Gegenden Nigerias könne man nicht sorglos leben. Kinder könnten nicht in die Schule gehen, weil sie Angst hätten, gekidnappt zu werden. In den letzten zwei bis drei Jahren habe man mehr als 15 Priester wegen Terrorismus verloren. Man lese immer wieder von Boko Haram, der islamistischen Terrororganisation im Norden Nigerias. «Sie lassen es nicht zu, dass wir unser Leben in Ruhe leben.» Der Glaube in Afrika wachse trotzdem. Die Menschen hätten die Hoffnung nicht verloren. «Der Terrorismus wird uns nicht aufhalten, unser Priestertum zu leben. Wir, die leidende und fröhliche Kirche, bitten euch um Hilfe.»

«Dialog zwischen Islam und Christentum»

Mit diesem Appell beendete Pfarrer Asogwa seine Predigt und führte den Gottesdienst, unterstützt durch den gut einstudierten Gesang des Kirchenchors St. Peter und Paul, zu Ende. Nach der Messe sprach Augustine Asogwa in einem kurzen Interview über die Situation in Nigeria. Nach der Präsidentenwahl im Februar 2023 sei der Terror schlimmer als vorher. Dieser sei auch eine Folge der Armut vor allem im Norden Nigerias, wo Boko Haram aktiv ist. Zur Bekämpfung und Überwindung des Terrors setze die Kirche vor allem auf die Gerichte, auf Ausbildung und auf den interreligiösen Dialog zwischen Islam und Christentum, der von den Bischöfen des Nordens stark gefördert werde. Den interreligiösen Dialog könnte man auch in der Schweiz aufnehmen, so Asogwa.

sardona24/Theodor Looser