Das Ilios Quartett, bestehend aus Mitgliedern des Tonhalle-Orchesters Zürich, ist in Wangs ein vertrautes Ensemble, das seit vielen Jahren jeweils am traditionellen Konzert zum Spätherbst in der stimmungsvollen Antoniuskirche auftritt. Diesmal waren es die klassischen Urgesteine Haydn, Mozart und Beethoven, die mit je einem Streichquartett das ansprechende Programm prägten – musikalisch farbenfroh wie die Herbstblätter, die mal im säuselnden Wind sanft zu Boden schweben, mal im Sturm wild durcheinanderwirbeln.
Lerchen und Preussen
Das väterlich-freundschaftliche Verhältnis zwischen Joseph Haydn (1732–1809) und Wolfgang Amadeus Mozart (1756–1791) ging weit über eine gewöhnliche Freundschaft hinaus. So hat Mozart nicht nur «von Haydn gelernt, wie man Quartetten schreiben muss», sondern liess sich auch in anderen Gattungen musikalisch beeinflussen, was in den beiden zeitgleichen Kompositionen (1790) «Lerchenquartett» von Haydn und «2. Preussisches Quartett» von Mozart auch zum Ausdruck kam. Das dritte aufgeführte Werk «Harfenquartett» von Beethoven – nur 19 Jahre später – ist ganz anders gestrickt und offenbart die ziemlich unausgeglichene und zum Teil aufbrausende Persönlichkeit dieses Komponisten.
Das «Lerchenquartett» in D-Dur op. 64 von Haydn verdankt seinen Namen wohl dem englischen Publikum, das in den jubelnden Melodien der ersten Geige im ersten Satz den Lerchengesang erkannte, denn Haydn nahm das Werk auf seine erste Inseltour nach London mit, wo es sich bald zum Publikumsliebling entwickelte und den Namen «The Lark» (die Lerche) erhielt.
Die Idylle des Lerchenthemas setzt sich im zweiten Satz wunderbar fort. Das folgende Menuett erinnert an derbe Bauernmusik, in der auch ein ungarischer Tonfall zu erkennen ist. Im Finale steigert sich ein reissendes Sechzehntelthema zum Perpetuum mobile. Nach Haydn folgte Mozart mit dem «2. Preussischen Quartett in B-Dur, KV 589». Der Kopfsatz ist das kürzeste Allegro in Mozarts zehn grossen Streichquartetten. Das Werk hat nichts zackig Preussisches an sich, wie der Titel vermuten lassen könnte. Ein wunderschönes Larghetto, vom Cello vorgetragen, und ein nicht minder sanftes zweites Thema der ersten Geige ziehen sich durch den zweiten Satz. Ein rascher Wechsel zwischen Staccato und Legato zeichnet das abschliessende Allegro assai aus.
Harfenquartett ohne Harfen
Es war nicht die Idee Beethovens, sein Streichquartett op. 74 in Es-Dur als «Harfenquartett» zu taufen; sanft perlende Harfenklänge sind ja nicht gerade sein Markenzeichen. Zu diesem Beinamen kam es aufgrund der harfenartigen Pizzicati des ersten Satzes. Ansonsten sind der Nachhall des nur drei Monate zuvor noch herrschenden Schlachtgetümmels vor den Toren Wiens (blutiges Gemetzel in der Schlacht bei Aspers), aber auch die idyllischen Visionen des Friedens spürbar in die Komposition eingeflossen. Schöne Variationen als Beschwörung des Friedens und der Freiheit wechseln mit tiefen Depressionen und wildem Kampfesmut.
Müssig zu erwähnen, dass das hochkarätige Ilios Quartett einmal mehr im spätherbstlichen Konzert den zahlreich erschienenen Freunden klassischer Musik in der herausragenden Interpretation und der dynamischen Umsetzung der häufig wechselnden Stimmungslagen der aufgeführten Werke einen Hörgenuss vom Feinsten bot. Der langanhaltende Applaus war denn auch mehr als verdient.