Home Region Schweiz/Ausland Sport Rubriken
Freizeit
29.07.2025

Vom Rheinfall bis zum Säntis: Sportives Velofahren vermarkten

Sandro Poltéras Lieblingszweirad ist das Rennvelo. Als Jugendlicher fuhr er gar Rennen und blieb dem Rennsport bis heute in diversen Funktionen treu.
Sandro Poltéras Lieblingszweirad ist das Rennvelo. Als Jugendlicher fuhr er gar Rennen und blieb dem Rennsport bis heute in diversen Funktionen treu. Bild: zVg.
Die Bodenseeregion ist für Fahrradtouren bekannt. Das ist nichts Neues. Sportive Velofahrer haben aber andere Ansprüche, da sie grössere Strecken überwinden und eher nur an Verpflegungs- und Übernachtungsmöglichkeiten interessiert sind. Mit «Lake and Alps» möchte Sandro Poltéra die Region über Grenzen hinweg als Einheit sichtbarer und das Potenzial für alle Beteiligten auch monetär interessant machen.

«Tatsächlich habe ich das Schaffhauserland durch Lake and Alps Adventure besser kennengelernt. Mir gefällt vor allem die Gegend bei Oberhallau sehr gut. Viele ruhige kleine Strassen mit einer traumhaften Kulisse. Da wird einem eine ganz andere Kulisse, als etwa im Kanton Thurgau oder im Appenzellerland, wo ich häufiger unterwegs bin, geboten», sagt Sandro Poltéra, Geschäftsführer von Poltéra Swiss und Initiator der Veloregion Lake and Alps.

Der in Amlikon-Bissegg (TG) wohnhafte Sportbegeisterte kam bereits in jungen Jahren mit dem Zweirad in Berührung. «Als Jugendlicher nahm ich an Radrennen teil.» Weiterhin sei das Rennvelo sein Favorit, auch wenn heute öfters auch das Gravel-Bike zum Zug komme.

Was für eine Gegend

Die abwechslungsreiche Topographie und der verhältnismässig geringe Verkehr seien die Hauptgründe, dass die Ostschweiz auch für sportives Velofahren sehr attraktiv ist, erklärt der Radexperte dem «Bock»: «Das Schaffhauserland sowie der Thurgau punkten mit unzähligen Strassen und Wegen und einem leichten, aber stetigen Auf und Ab. Im Appenzellerland und Toggenburg besteht ein ganz anderes Terrain, wo es noch um einiges sportlicher zu und her geht.»

Aber auch das sei heute mit den E-Bikes für fast alle machbar. Zusätzlich würden die unzähligen Hofläden und Verpflegungsstationen die Region aufwerten.

Als Veloregion auf dem Markt platzieren

«Lake and Alps hat sich zum Ziel gesetzt, die Ostschweiz als sportive Veloregion zu platzieren und dazu ein entsprechendes Angebot zu entwickeln», beschreibt Poltéra das Vorhaben.

Als Endeffekt soll die Region für Rennrad-, Gravel- und E-Bike-Fahrer, durch eine entsprechende Palette an passenden Produkten und Dienstleistungen, als Velodestination bei den entsprechenden Zielgruppen attraktiv wirken.

Auch Einheimische sollen damit angesprochen werden, damit diese ebenfalls erkennen, dass es sich lohnen könne, ausserhalb der gewohnten Runden eine Strecke zu fahren oder gar in der Region ein Wochenende auf dem fahrbaren Untersatz zu verbringen. «Das Schöne ist oft näher, als man denkt.»

Umsetzung ist alles andere als «easy»

Leider sei es wirklich nicht ganz so einfach. Die Ostschweizer Tourimsmus-Destinationen würden teils kantonsübergreifend zusammenarbeiten. Aber gerade beim Thema Velo sei es umso wichtiger, dass Synergien genutzt werden. Ja, es sei sogar Pflicht, auf dem Radar als Einhheit «aufzuleuchten».

«Eigentlich ist die Idee, dass sich Lake and Alps als ‹Kümmerer-Plattform› für die Angebotsentwicklung rund um das Velo in der Ostschweiz hervortut. Damit es sich nachhaltig darum kümmern kann, benötigt es aber jährlich Beiträge sämtlicher Ostschweizer Destinationsmanagementorganisation (DMO)», stellt Poltéra klar.

Aktuell werde das Projekt leider finanziell vor allem vom Kanton St. Gallen getragen. Er arbeite daran, dass ebenfalls andere DMO’s und weitere Kantone den Nutzen eines regionalen Kümmerers erkennen würden. «Einmal auf dem Sattel ist man so schnell irgendwo anders ohne die Kantonsgrenze bemerkt zu haben.»

Aus diesem Grund mache es beim sportiven Velofahren keinen Sinn den «Kantönli-Geist» hochzuhalten und in der klassischen Ostschweizer Mini-DMO zu denken. Mit E-Bikes werde zudem jeder relativ leicht zum sportiven Fahrer und möchte nicht mehr einfach nur dem Rhein und Bodensee entlang, sondern auch auf etwas kupierterem Gelände pedalen.

Die Region zwischen Rheinfall und Säntis warte nur darauf durch gute Produkte und cleveres Marketing, in Verbindung mit ein paar Hauptleistungsträgern, an die Velofahrerin und den Velofahrer gebracht zu werden, so der Radfan: «Die ganze Infrastruktur besteht bereits und muss nicht wie in der Bike-Destination Lenzerheide erschlossen werden.»

Visibilität stand im Fokus

Bis anhin sei die Sichtbarkeit, in den Kreisen der lokalen Radfahrer, im Zentrum seines Tuns gestanden. Im Rahmen dessen habe er erste wichtige Leistungsträger für das Projekt gewinnen und Kooperationen mit Veranstaltern schliessen können.

«Lake and Alps ist langfristig darauf angewiesen, um überhaupt entsprechende Angebote für Velofahrer ausschreiben zu können», so Sandro Poltéra. Unter den ersten authentischen und bekannten Botschafter sei der vierfache Zeitfahrweltmeister und Tour de France Etappensieger Tony Martin, wohnhaft in Kreuzlingen (TG), zu finden.

Äpfel mit Birnen vergleichen

Und was sagt die Tourismusförderung des Volkswirtschaftsdepartements des Kantons Schaffhausen dazu? In diesem Zusammenhang weist sie auf das Projekt Rheinwelten, rheinwelten.com, hin, welches im Rahmen der Neuen Regionalpolitik des Bundes (NRP) umgesetzt wird und den Fokus auf Velotourismus und Genuss legt.

Zudem steht folgendes im erhaltenen Statement: Die Aussage, Schaffhausen arbeite nicht kantonsübergreifend, ist damit klar zu widerlegen. Rheinwelten ist ein überkantonales Projekt, das Regionen entlang des Rheins von Andermatt bis Basel vernetzt. Schaffhausen respektive der Schaffhauser Tourismus ist dabei aktiv beteiligt.

«Hier werden in der Tat Äpfel mit Birnen verglichen. Aber es ist ein mir bekanntes Thema. Auch der Thurgau erklärt sich damit. St. Gallen Bodensee Tourismus hat erkannt, dass man das eine tun und das andere nicht lassen kann. Das ist auch ein gangbarer Weg», kommentiert Poltéra die Aussage des Kanton Schaffhausen.

Rheinwelten sei ein klassisches NRP-Tourismus-Projekt und bearbeite definitiv den Genuss-E-Biker. Diese Gruppe ist aus seiner Sicht extrem schwierig zu erreichen. «Da hast du absolut kein Alleinstellungsmerkmal. Am Rhein entlang fahren kannst du auch in Deutschland.»

Sportive Velofahrer, die Zielgruppe von Lake and Alps, finde bei Rheinwelten nicht das Passende, denn etwa die Besichtigung eines Weinguts oder Museums gehöre nicht zu dessen Programm. 

Vielleicht sähe man bei den Genuss-Bikern mehr Potenzial, auch wenn er dem nicht zustimmen könne. Aber allgemein sei das Thema Fahrrad nicht überall gleich hoch priorisiert, findet Sandro Poltéra und sagt zum Schluss: «Vielleicht muss unsere Region, wenn sie Gelder einsetzt, noch längerfristiger denken und in die Zukunft investieren.»

Sandro Zoller, Schaffhausen24