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Ostschweiz
18.11.2021

Verfahren gegen ehemaligen Bündner Gerichtspräsidenten eingestellt

Strafverfahren gegen ihn eingestellt: Der ehemalige Bündner Gerichtspräsident Norbert Brunner.
Strafverfahren gegen ihn eingestellt: Der ehemalige Bündner Gerichtspräsident Norbert Brunner. Bild: Olivia Aebi-Item
Ein ausserordentlicher Staatsanwalt hat das Strafverfahren gegen den ehemaligen Bündner Kantonsgerichtspräsidenten Norbert Brunner wegen Urkundenfälschung im Amt eingestellt. Grund dafür sei die fragliche Praxis am Bündner Kantonsgericht.

Ein Richter warf Brunner vor, bei einem Erbstreit nachträglich das Urteil so abgeändert zu haben, dass eine am Streitfall gar nicht beteiligte Person eine sechsstellige Summe zugesprochen erhielt.

Die Strafuntersuchung war Teil der Bündner Justizkrise. Im Januar 2020 wollte das Kantonsgericht den anklagenden Richter des Amtes entheben, weil dieser den Gerichtspräsidenten Brunner der Urkundenfälschung beschuldigte. Im Juni 2020 hob die Justizkommission des Grossen Rates Graubünden jedoch die Immunität des Präsidenten auf und machte somit den Weg frei für die Strafuntersuchung, die im August 2020 eröffnet wurde.

Abläufe am Kantonsgericht sind schuld

Der eingesetzte ausserordentliche Staatsanwalt Andrej Gnehm stellte das Verfahren nun wieder ein. Grund dafür seien die Abläufe am Bündner Kantonsgericht, sagte Gnehm auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Beratet ein Richterkollegium am Kantonsgericht Graubünden ein Urteil, wird es nicht ausformuliert. Ein Aktuar verschreibt es anschliessend und zeigt es nur noch dem leitenden Richter. In diesem Fall war das Brunner. Er entdeckte dabei eine bisher übersehene Abtretungserklärung, wonach das Geld aus dem Erbstreit einer Drittperson zu Gute kommen soll. Diese Forderung übernahm er anschliessend in seinem Urteil und verschickte das Schreiben.

Aufgrund der in diesem Verfahren gewonnenen Erkenntnisse sei davon auszugehen, dass der ehemalige Gerichtspräsident nicht ansatzweise an seinem Vorgehen gezweifelt habe, schrieb die Staatsanwaltschaft Graubünden am Donnerstag. Brunner sei überzeugt gewesen, dass er zur Berücksichtigung der Abtretungserklärung befugt sei.

Hätte das urteilsberatende Dreierkollegium das verschriebene Urteil vor dem Versand erhalten, hätte man sich viel Arbeit ersparen können, sagte Gnehm. Er empfiehlt dem Kantonsgericht Graubünden deshalb dringend, seine Praxis anzupassen.

Staatsanwalt Andrej Gnehm ist in der Öffentlichkeit kein Unbekannter. Er behandelte schon mehrere prominente Fälle. Dazu zählen das Strafverfahren gegen Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli sowie die Strafverfahren in der "Affäre Mörgeli".

Die Einstellungsverfügung Gnehms ist bislang noch nicht rechtskräftig.

Keystone-SDA