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Bad Ragaz
29.11.2021

Sich Zeit schenken

Persönliches Gespräch am Kaminfeuer: Alt Regierungsrat Martin Klöti (links) und Renato  Bergamin vom Kulturausschuss Grand Resort Bad Ragaz. 
Persönliches Gespräch am Kaminfeuer: Alt Regierungsrat Martin Klöti (links) und Renato Bergamin vom Kulturausschuss Grand Resort Bad Ragaz.  Bild: Bild Susan Rupp
Alt Regierungsrat Martin Klöti hat sich im Grand Resort ans Kaminfeuer gesetzt und im Gespräch mit Renato Bergamin aus seinem Leben erzählt.

Als «zweifellos das schönste Haus der Schweiz» bezeichnete Martin Klöti das Grand Resort im Kamingespräch einleitend. «Das ist Heimkommen, das ist Gastfreundschaft!», lobte er. Schon sein Grossvater sei gerne im «Quellenhof» abgestiegen, untermauerte er diese bereits lange bestehende Verbindung.

Seit drei Generationen

Auch mit seinem Grossvater verbunden sei seine ursprüngliche Berufswahl: Er hat sich ebenfalls zum Primarlehrer ausbilden lassen («das war so breit ausgelegt, musisch… »), weil er keine Lehrstelle als Goldschmied oder Lithograf gefunden hat. Er hat dann auch zehn Jahre unterrichtet in einer Dorfschule und gleichzeitig einen Bauernhof bewirtschaftet.

«Ich denke in Abschnitten», erklärte er. Er habe immer scharfe Schnitte gemacht. Er habe abschliessen und jeweils die Schultern freihalten wollen für Neues. «Loslassen ist etwas vom Zentralsten im Leben», so Klöti weiter. Alles sei einfacher, wenn das mal möglich sei. Sich selber bezeichnet er als Meister im Loslassen, – was sich verdeutlicht, wenn man den Lebenslauf des alt Regierungsrats genauer anschaut. Ob er denn etwas verpasst habe im Leben, wollte Renato Bergamin wissen, weil das Leben nie lang genug sei, um alles anzupacken. «Ich wäre gern Sänger geworden, ich interessiere mich sehr für klassische Musik», antwortete Klöti. «Es ist zum Hinknien, wenn jemand gut singt, es beseelt mich.» Aber wenn jemand den künstlerischen Weg gehe, dann müsse das Bestimmung sein.

Was bleibt am Ende?

Bezüglich seiner Zeit als Regierungsrat, an die er sich gerne erinnert, betonte er vor allem die grossen kulturellen Unterschiede in den Kantonen der Schweiz. Er habe ein sehr schönes Amt im fünftgrössten Kanton ausüben dürfen. Und er habe als Regierungsrat Zeit gehabt für die Kontakte mit Menschen, die Arbeit sei sehr konzentriert und organisiert gewesen. Und: «Es ist nichts wichtiger, als sich gegenseitig Zeit zu schenken, einander zuzuhören.»

Klöti bedauerte allerdings, dass oft nur ökonomische Faktoren zählen würden. Die Frage, «was es für Geist und Seele gibt, kalkuliert niemand». Aber wenn es uns mal schlecht gehe, dann «haben wir nur noch die Batterie, die gespeist ist mit Geist und Seele – und Herz». Anders sei es in seiner Wahlheimat Frankreich, wo er sich in diesem Lebensabschnitt sehr wohl und zu Hause fühlt – und noch immer täglich arbeitet.

Holz sammeln und Konfitüre einkochen

«Jeder braucht seinen Süden», brachte Renato Bergamin dann passend zu dieser Bemerkung einen Buchtitel zur Sprache. Klöti erzählte, wie ihm bezogen auf Frankreich sowohl die andere Kultur als auch der andere Sprachraum Horizonte eröffnen würden. Und gibts denn den Süden auch im Kleinen, im Alltag von uns allen? «Ganz klar, denken wir beispielsweise an die Bad Ragartz, das ist grossartig!» Klöti bezeichnete die Skulpturenausstellung  als Lichtblick und guten Boden, die Grundlage für richtigen Kulturbezug.

Und um im Süden zu bleiben, erzählte er von seinem Alltag in Frankreich («ich nehme mir die Freiheit, aus dem System auszutreten»). Er arbeitet als Bauer, sammelt im Wald Holz zum Einfeuern und hat während des Sommers viele Kilogramm Früchte zu Konfitüre verarbeitet. «Ein Leben, das mir sehr entspricht», sagte er und man nahm ihm jedes Wort ab.

Und obwohl die Vorbereitung des Abends während eines Essens auf Französisch geführt worden sei, betonte Martin Klöti zum Schluss nochmals die besondere Kraft des Deutschen und rezitierte «Herbsttag» von Rainer Maria Rilke.

von Denise Alig