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14.02.2024

Regierungsrat Mächler: «In gewissen Bereichen ist St.Gallen unattraktiv»

Regierungsrat Marc Mächler sieht bei den Steuern im Kanton St.Gallen Handlungsbedarf.
Regierungsrat Marc Mächler sieht bei den Steuern im Kanton St.Gallen Handlungsbedarf. Bild: zVg
Marc Mächler ist seit 2016 Mitglied der St.Galler Regierung. Er steht dem Finanzdepartement vor und hat im Kanton viel zu finanzieren. Was sind die grossen Baustellen, die den Finanzchef des Kantons beschäftigen?

Gehen wir zuerst ins Fürstenland, zum Projekt Wil West: Soll es weitergeführt werden, nachdem das St.Galler Stimmvolk 2023 dazu Nein gesagt hat?
Das Agglomerationsprojekt Wil-West ist für die Ostschweiz ein sehr wichtiges Arealentwicklungsgebiet. Es sollen 2'000 bis 3'000 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Dies auch, damit die Menschen in der Ostschweiz eine weitere berufliche Perspektive erhalten und nicht in den Wirtschaftsraum Zürich pendeln müssen. Selbstverständlich ist der Volksentscheid zu respektieren. Deshalb kann der Kanton St.Gallen das Gebiet auch nicht selbst erschliessen. Es müssen geeignete Alternativen gesucht werden, die dem fakultativen Referendum unterstehen.

Kommen wir zur Hauptstadt. Unterstützen Sie den neuen Autobahnanschluss beziehungsweise die Engpassbeseitigung auf der A1 in der Stadt St.Gallen?
Ja, denn die Stadt St.Gallen soll vom Durchgangsverkehr entlastet werden. Mit dieser zukunftsgerichteten Lösung, die vollständig unter dem Boden erfolgt, kann die Lebensqualität stark erhöht werden. Neben dem Kanton (Regierung und Kantonsrat) unterstützen auch der Bundesrat und das Bundesparlament dieses Projekt.

Quer durch den Kanton sind die Strassen gefüllt mit Autos und Lastwagen. Der ÖV steht in Kolonne. Wie kann die Situation verbessert werden?
Wir haben verschiedene wichtige Baustellen. Im Rheintal den Ausbau der SBB-Doppelspur. Und endlich kann auch der Halbstundentakt St.Gallen – Chur eingeführt werden. Zudem muss alles unternommen werden, damit St.Gallen zu einem ÖV-Vollknoten wird. Dank der Doppelspurausbauten in Uznach und Schmerikon werden auch im Gebiet See-Gaster die ÖV-Angebote attraktiver.

«Im 18. Strassenbauprogramm sind jährlich 80 Millionen nötig»

Beim Strassenverkehr ist es nicht besser. Staus und Verkehrsbehinderungen überall. Was tut der Kanton?
In den nächsten Jahren sind verschiedene Engpässe zu beheben. Neben der dritten Röhre in St.Gallen sind dies unter anderem auch die Umfahrung in Uznach und die Autobahnverbindung mit dem Vorarlberg. Zudem sind nach dem 18. Strassenbauprogramm jährliche Investitionen in unsere Kantonsstrassen in der Höhe von rund 80 Millionen Franken nötig.

Der Kanton St.Gallen will attraktiver Wirtschaftsstandort sein. Was wird getan?
Wir sehen verschiedene Massnahmen vor. So soll die Innovation gefördert werden. Deshalb haben wir den Innovationspark Ost errichtet. Neu soll es auch eine ETH-Professur an der Empa in St.Gallen geben. Im Weiteren wollen wir die Start-up-Szene mit rund zehn Millionen Franken stärken und ausbauen. Ein Bedarf besteht auch, sich stärker bei Arealerschliessungen zu engagieren. Selbstverständlich sind aber auch die Rahmenbedingungen, etwa die duale Berufsbildung oder die Stärkung der Fachhochschulen, von zentraler Bedeutung.

Soll der Kanton St.Gallen noch mehr Maturanden produzieren – oder wieder vermehrt auf die Berufslehre setzen?
Beide Wege sind für unsere jungen Menschen wichtig. Je nach Fähigkeiten sollen auch beide Wege offenstehen. Die duale Berufsbildung ist ein grosser Vorteil für unser Land. Aber auch sie muss an die neuen Herausforderungen angepasst werden. Das Projekt «Gymnasium der Zukunft» ist ebenfalls von grosser Bedeutung.

«Bei den Steuern konnten wir den Mittelstand um 180 Millionen entlasten»

Sieht die Regierung Steuersenkungen auf Kantonsebene vor?
In den vergangenen Jahren konnte der Mittelstand um rund 180 Millionen Franken entlastet werden. Es besteht aber weiterhin ein Handlungsbedarf, denn gegenüber den umliegenden Kantonen sind wir in gewissen Bereichen immer noch unattraktiv.

Wie stehen Sie zu Tempo 30 auf Hauptstrassen?
Auf den Hauptstrassen soll innerorts grundsätzlich Tempo 50 gelten, da Hauptstrassen eine wichtige Rolle bezüglich Verbindung und Erreichbarkeit spielen. Tempo 30 soll nur dort eingeführt werden, wo die Sicherheit eindeutig verbessert werden kann.

Wie soll die Volksschule weiterentwickelt werden?
Im Rahmen der anstehenden Gesamtrevision der Volksschule sind einige wichtige Themen aufzunehmen. So unter anderem die Verankerung der Schulleitung im Gesetz, die Frage der Integration versus Separation von Schülerinnen und Schülern mit Unterstützungsbedarf, die Stellung der Sonderschulen wie auch die weitere Digitalisierung. Dabei sollte aber stets der Grundauftrag der Schule, namentlich die Ausbildung unserer Kinder, im Fokus stehen.

«Die Windkraft ist eine der ältesten Energieformen»

Wie stehen Sie zu einem Rheinkraftwerk und der Windkraft?
Es wäre für den Ausbau von erneuerbaren Energien positiv, wenn auch am Alpenrhein ein Wasserkraftwerk gebaut werden könnte. Das Vorhaben wird aber eine lange Realisationszeit benötigen. Und die Windkraftwerke schätze ich als wichtig und wertvoll ein. Die Windkraft ist eine der ältesten Energieformen, welche die Menschheit seit langer Zeit erfolgreich nutzt.

Wie sehen Sie die Zukunft der St.Galler Spitäler, die jährliche Millionendefizite produzieren?
Die eingeleitete Strategie der öffentlichen Spitäler, die vom Kantonsrat und dem Stimmvolk gutgeheissen wurde, ist konsequent umzusetzen. Zudem müssen die bestehenden vier Verbunde in einem nächsten Schritt zu einem einzigen Unternehmen zusammengelegt werden. Dabei sollen sie auch mehr unternehmerische Freiheiten erhalten – wie im Thurgau oder in Graubünden.

Soll das Kantonsspital trotz Finanznot eine Herzchirurgie erhalten?
Ja, denn in der Ostschweiz gibt es, als einzige Region der Schweiz, eine Unterversorgung. Deshalb will das Kantonsspital zusammen mit dem Universitätsspital Zürich das bestehende Angebot ausbauen. Herztransplantationen werden aber nicht Gegenstand dieses Angebots sein.

Stephan Ziegler, stgallen24